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Rundschreiben V/2019

|   2019

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

 

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

 

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

11.06.2019:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer
  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer

24.06.2019:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 11.06.2019 fälligen Steuern endet am 14.06.2019.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Juni 2019 ist der 26.06.2019.

10.07.2019:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

25.07.2019:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.07.2019 fälligen Steuern endet am 15.07.2019.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Juli 2019 ist der 29.07.2019.

II. Aus der Gesetzgebung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Datum vom 08.05.2019 den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vorgelegt. Aufgrund des Umfangs sowie des Inhalts des Gesetzentwurfs kann auch von einem Jahressteuergesetz 2019 gesprochen werden.

Es ergeben sich zur Förderung einer umweltfreundlichen Mobilität folgende Änderungen:

Für nach dem 31.12.2019 angeschaffte, rein elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge soll eine Sonderabschreibung von 50 % der Anschaffungskosten im Jahr der Anschaffung ermöglicht werden (§ 7c EStG-E).

Für Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte soll eine Pauschalierungsmöglichkeit vorgesehen werden ohne Anrechnung auf die Entfernungspauschale, z. B. für Jobtickets (§ 40 Abs. 2 EStG-E).

Die Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenbesteuerung für die private Nutzung eines betrieblichen Elektrofahrzeugs oder extern aufladbarer Hybridelektrofahrzeuge soll über den 31.12.2024 hinaus bis einschließlich 31.12.2030 ermöglicht werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 EStG).

Des Weiteren ist die Verlängerung der Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens und für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung bis Ende 2030 vorgesehen (§ 52 Abs. 37c EStG-E i. V. m. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG).

Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus folgende weitere vorgesehene Maßnahmen:

Für Berufskraftfahrer soll ein neuer Pauschbetrag eingeführt werden von € 8,00 pro Kalendertag (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG-E).

Die Verpflegungsmehraufwendungspauschale soll von € 24,00 auf € 28,00 bzw. von € 12,00 auf € 14,00 angehoben werden (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG-E).

Sachleistungen im Zusammenhang mit alternativen Wohnformen, z. B. „Wohnen für Hilfe“ (Beispiel: Student erhält Wohnungsnutzungsmöglichkeit und Sachleistungen gegen Unterstützung des älteren Wohnungsgebers oder einer jungen Familie) sollen steuerfrei sein. Nach dem Gesetzesvorhaben sollen konkret die Wohnungsunterkunft und die übliche Verpflegung des Wohnungsnehmers sowie die Vorteile des Wohnraumgebers aus den Leistungen des Wohnraumnehmers steuerfrei gestellt werden (§ 3 Nr. 49 EStG-E). Nach der Gesetzesbegründung sollen so der Ausbau alternativer Wohnformen unterstützt, Kapazitäten auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich erschlossen und damit ein Beitrag gegen die Wohnungsnot in Ballungsgebieten und Universitätsstädten geleistet werden.

Die bisher auch auf Gutscheine und Prepaidkarten angewandte Praxis, diese Vorteile bis zu € 44,00/Monat in die Freigrenze der Sachbezüge einzubeziehen, ist nach dem Gesetzesentwurf gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG-E nunmehr nur noch auf solche Sachbezüge beschränkt, die vom Aussteller des Gutscheins (dem Arbeitgeber) geliefert oder geleistet werden. Berechtigt der Gutschein oder die Prepaidkarte somit zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen von einem Dritten, wären sie nicht mehr innerhalb der Freigrenze von Sachbezügen steuerfrei.

Bei Mitarbeiterwohnungen, die zu eigenen Wohnzwecken des Mitarbeiters genutzt werden, soll ein Bewertungsabschlag in Höhe von 1/3 des ortsüblichen Mietwerts eingeführt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG-E). Für die Bewertung der Mietvorteile ist von der so ermittelten Vergleichsmiete im Verhältnis zur tatsächlich gezahlten Miete auszugehen. Zur Vermeidung der Förderung von Luxuswohnungen sind Wohnungen mit einem ortsüblichen Mietwert von mehr € 20,00/qm ausgeschlossen.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % soll auch auf E-Books angewandt werden.

Weitere Änderungen betreffen das Grunderwerbsteuerrecht für Erwerbe nach dem 31.12.2019. Danach sollen Anteilserwerbe von Anteilen an grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaften und Gesellschafterwechsel bei grundbesitzhaltenden Personengesellschaften von 90 % (bisher 95 %) den Tatbestand der Entstehung von Grunderwerbsteuer auslösen. Ebenso schädlich sind nach dem Gesetzentwurf Hinzuerwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren (bisher 5 Jahre). Bei Personengesellschaften beträgt der Betrachtungszeitraum für den Gesellschafterwechsel von 90 % und mehr ebenfalls künftig 10 Jahre (§ 1 Abs. 2a Satz 1 und Satz 4, § 1 Abs. 3 Nr. 1-4 und § 1 Abs. 3a Satz 1 GrEStG-E sowie § 1 Abs. 2b [neu] GrEStG-E).

Notwendige und kurzfristig umzusetzende Anpassungsmaßnahmen an die Rechtsprechung des EuGH („quick-fixes“) zum Umsatzsteuergesetz betreffen zum einen die Direktlieferungen in ein Konsignationslager.

Lieferungen in ein im EU-Ausland unterhaltenes Konsignationslager stellen einen nicht steuerbaren Tatbestand dar. Zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Abgangsstaat und einem innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat kommt es erst zum Zeitpunkt der Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager durch den Abnehmer. Dies gilt für eine Frist von 12 Monaten ab Verbringung in das Lager. Abweichungen zum ursprünglichen Nachweis und auch Verlust, Diebstahl und Zerstörung des Liefergegenstands sind für den Konsignationslagerinhaber schädlich.

Reihengeschäfte, bei denen die Warenbewegung in einem EU-Mitgliedstaat beginnt und in einem anderen EU-Mitgliedstaat endet, sind ebenfalls von Neuregelungen betroffen. Die so genannte bewegte Lieferung gilt grundsätzlich nach Art. 36a Abs. 1 MwStSystRL als an den mittleren Unternehmer (Zwischenhändler) bewirkt. Diese Lieferung stellt damit die innergemeinschaftliche (steuerfreie) Lieferung dar. Jedoch ausgenommen von diesem Grundsatz sind die Fälle, in denen der mittlere Unternehmer den Transport veranlasst hat oder der Zwischenhändler dem ersten Unternehmer in der Kette die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abgangsmitgliedslandes mitteilt (Art. 36a Abs. 2 MwStSystRL).

Des Weiteren gilt für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL als Voraussetzung, dass der Unternehmer, an den die Lieferung erfolgt, für Umsatzsteuerzwecke in einem anderen EU-Mitgliedsland registriert ist, als dem, in dem die Beförderung oder Versendung der Gegenstände beginnt. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist dem Lieferanten mitzuteilen und die Lieferung ist in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) zutreffend zu deklarieren. Die formalen Aspekte gewinnen somit zunehmend an Bedeutung.

Der weitere Werdegang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten.

Das BMF hat den Entwurf eines Gesetzes zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten auf Grund von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgelegt (EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz – EU-DBA-SBG). Das Gesetz dient der Umsetzung der EU-Richtlinie 2017/1852 des Rates vom 10.10.2017 in nationales Recht. Der Gesetzentwurf sieht ein einzuführendes Verfahren vor, aufgrund dessen zwingend jeweils eine Entscheidung der zuständigen Behörden der von der Streitfrage betroffenen Mitgliedstaaten herbeizuführen ist.

III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

Mit Urteil vom 20.01.2019 – VIII R 17/16 hat der BFH entschieden, dass Übungsleiter, die steuerfreie Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG (€ 2.400) erhalten und deren Aufwendungen in diesem Zusammenhang die Einnahmen übersteigen, die daraus resultierenden Verluste abziehen können, wenn hinsichtlich der Tätigkeit eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.

Anmerkung:

Die Finanzverwaltung vertritt in R 3.26 Abs. 9 der Lohnsteuer-Richtlinien die Auffassung, dass ein Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur dann möglich ist, wenn die Einnahmen aus der Tätigkeit und gleichzeitig auch die jeweiligen Ausgaben den Freibetrag des § 3 Nr. 26 EStG übersteigen. Gemäß § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG seien Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter bis zu einer Höhe von insgesamt € 2.400 je Kalenderjahr steuerfrei. Nur soweit die Einnahmen für die nebenberufliche Tätigkeit den steuerfreien Betrag überschritten, dürften die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Des Weiteren seien Einkünfte aus selbständiger Arbeit nur dann unter einer der Einkunftsarten zu erfassen, wenn der ehrenamtlich Tätige die Absicht habe, einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten/ Betriebsausgaben zu erwirtschaften. Im Streitfall würde dies bereits daran scheitern, dass der Kläger nur € 108 im Streitjahr erzielt habe und dabei 1.872 km zu den Übungen gefahren sei. Daher könne keine Einnahmenüberschussabsicht unterstellt werden.

Der BFH hat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 20.12.2017 – III R 23/15 daran festgehalten, dass ein Übungsleiter, z. B. ein Sporttrainer, der mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig ist und steuerfreie Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG erzielt, die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen kann, wie sie die Einnahmen übersteigen.

Der BFH hat die Sache jedoch an das Finanzgericht zurück verwiesen. Dieses habe zu prüfen, ob der Kläger bei seiner Vorgehensweise auf Dauer einen Totalgewinn erzielen könne und ob er seine verlustbringende Tätigkeit möglicherweise wegen persönlicher Neigungen ausübe.

Nach dem BFH-Urteil vom 07.03.2019 – IV R 18/77 ist die Gewerbesteuer im Zusammenhang mit der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gem. § 16 Abs. 2 EStG eine Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG. Diese Betriebsausgabe ist jedoch gem. § 4 Abs. 5b EStG beim Schuldner der Gewerbesteuer vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Sie ist aber nicht vom Betriebsausgabenabzug bei demjenigen ausgeschlossen, der sich vertraglich zur Übernahme der Gewerbesteuerbelastung verpflichtet hat.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 22.03.2019 – 7 K 2386/18 Kg entschieden, dass ein Verwaltungsangestellter, der ca. zwei Monate nach der Beendigung seiner Ausbildung zum Verwaltungsangestellten neben seiner Vollzeittätigkeit den Verwaltungslehrgang II mit dem Ziel der Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt besucht, noch in einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung befindlich ist.

Anmerkung:

Die Kindergeldkasse hatte folglich zu Unrecht die Gewährung von Kindergeld versagt.

Vorbemerkung:

Nach § 8 Nr. 1 lit a) GewStG ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb für Zwecke der Gewerbesteuer um ein Viertel der Schuldzinsen zu erhöhen. Fraglich im nachfolgend wiedergegebenen Urteilsfall des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg war, ob dies auch auf Schuldzinsen (Bauzeitzinsen) zutrifft, die als Bestandteil der Herstellungskosten aktiviert wurden. Sie waren folglich im Zeitpunkt der Inanspruchnahme von Krediten noch nicht gewinnmindernd als Aufwand behandelt worden. Sie fließen damit in die unfertigen Arbeiten des Vorratsvermögens oder des Anlagevermögens ein. Ein Aufwand wird erst bei Veräußerung durch den Verbrauch der Bauprojekte bzw. über die Abschreibung der dem Anlagevermögen zugeordneten Immobilien verursacht. Somit würden solche Schuldzinsen zeitversetzt und ggf. kumuliert Betriebsausgaben darstellen, die den gewerbesteuerpflichtigen Gewinn dann mindern.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 08.01.2019 – 6 K 6121/17 entschieden, dass als Herstellungskosten behandelte Bauzeitzinsen nicht zur Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 lit. a) GewStG führen. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um Anlage- oder Umlaufvermögen handele, die in Betracht kommenden Wohnungen bereits durch Veräußerung aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind und ob die Bauzeitzinsen im laufenden Wirtschaftsjahr oder in Vorjahren entstanden sind.

Anmerkung:

Dem Urteil ist zuzustimmen. Der Gewinn wurde nicht um Schuldzinsen gemindert. Die spätere Aufwandswirksamkeit über den Warenverbrauch bzw. die Abschreibungen und die damit eintretende Gewinnminderung führt ebenfalls nicht zu einer Hinzurechnung. Denn in diesem Zeitpunkt stellen die Aufwendungen kein Entgelt für beanspruchtes Fremdkapital im Sinne der Hinzurechnungsvorschrift dar. Das Urteil ist leider nicht rechtskräftig. Das Finanzgericht hat die Revision an den BFH zugelassen.

Vorbemerkung:

Nach der Rechtsprechung des EuGH erfordert das Grundprinzip der Mehrwertsteuer, dass der Vorsteuerabzug dann zu gewähren ist, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat. Folglich ist eine nationale Regelung, die den Vorsteuerabzug ausschließt, wenn in der Rechnung nicht die Anschrift angegeben ist, unter der der Rechnungsaussteller seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, mit dem EU-Recht unvereinbar (EuGH vom 15.11.2017 – C-374/16 und C-375/16). Der BFH hat ein bei ihm anhängiges Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH ruhen lassen.

Mit Urteil des BFH vom 14.02.2019 – V R 47/16 hat das höchste deutsche Steuergericht entschieden: Die für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer- Identifikationsnummer ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen bestimmten wirtschaftlichen Transaktionen und dem Rechnungsaussteller herzustellen.

Anmerkung:

Nach Auffassung des BFH ist das Erfordernis der Identität zwischen dem Rechnungsaussteller und dem Leistenden zwingende Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Im Urteilsfall scheiterte der Vorsteuerabzug daran. Der Rechnungsaussteller war nämlich nur über einen Briefkasten in Erscheinung getreten. Die Wareneinkäufe wurden über den Handelsvertreter einer AG vermittelt, die die Waren direkt an die Kunden des Klägers auslieferte bzw. bei der der Kläger die Waren abholte.

Quintessenz: Undurchsichtige Verhältnisse bei seinem Geschäftspartner führen unverändert zu einem Risiko für den Leistungsempfänger.

Vorbemerkung:

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urt. vom 24.06.2015 – I R 29/14) kann es aufgrund des Konzernrückhalts fremdvergleichsgerecht sein, wenn innerhalb eines Konzerns Darlehen ohne Sicherheiten gewährt werden. Nach dem abkommensrechtlichen Grundsatz des „dealing at arm’s length“ nach Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen ist eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften (hier: § 1 Abs. 1 AStG) nur insoweit ermöglicht, als sie sich auf die Korrektur des vereinbarten fremdunüblichen Preises, bei einem Darlehen folglich der Zinsen, bezieht. Indessen sei eine auf diesem Grundsatz des „dealing at arm’s length“ beruhende weitergehende Einkünftekorrektur in Gestalt einer Teilwertabschreibung auf eine Darlehensforderung nicht ermöglicht. Die Tatsache, dass das Darlehen ohne Sicherheiten hingegeben wurde, schlägt sich insoweit nur im entsprechend bepreisten Zins nieder. Damit sperrt die Anwendung der Preiskorrekturvorschrift des Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen eine weitergehende Einkünftekorrektur gem. § 1 Abs. 1 AStG.

Hierzu hat der BFH eine regelrechte Kehrtwendung vollzogen, die sich aus dem nachfolgend wiedergegebenen Urteil ergibt.

Der I. Senat hat unter Aufgabe seiner Rechtsprechung vom 24.06.2015 mit Urteil vom 27.02.2019 – I R 73/16 entschieden, dass Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen den Korrekturbereich von § 1 Abs. 1 AStG nicht auf Preisberichtigungen beschränkt. Vielmehr ermöglicht Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf. Dies ergebe sich daraus, dass die Abgrenzung zwischen betrieblich veranlassten Darlehen und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Einlagen anhand der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu prüfen sei. Dabei sei einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs nicht die Qualität unverzichtbarer Tatbestandsvoraussetzungen beizumessen. Der sogenannte Konzernrückhalt beschreibe lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung und bringe die Üblichkeit zum Ausdruck, innerhalb des Konzerns Kreditforderungen nicht wie unter Fremden abzusichern. Die fehlende Darlehensabsicherung gehöre jedoch grundsätzlich zu den fremdunüblichen Bedingungen. Dies ermögliche für den Fall der Ausbuchung oder Abschreibung der Darlehensforderung die Einkünfte des Gläubigers gem. § 1 Abs. 1 AStG so zu ermitteln, als wenn er fremdübliche Bedingungen vereinbart hätte.

An der bisherigen Rechtsprechung, dass eine Einkünftekorrektur aufgrund der Regelung des Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen bzw. – wie im entschiedenen Fall – des Art. 9 des DBA Belgien sich lediglich auf den Zins bezieht und im Übrigen weitergehende Korrekturen gesperrt seien, hält der I. Senat des BFH nicht mehr fest.

Anmerkung:

Der Vorsitzende Richter des I. Senats Prof. Dr. Roland Wacker hat in einer Kurzerläuterung zu diesem Urteil (DStR 2019, S. 1038) ausgeführt, dass dieses Urteil eine Neuausrichtung der Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Behandlung des Ausfalls grenzüberschreitender Konzerndarlehen darstellt. Es justiere die steuerrechtliche Anerkennung solcher Darlehen im Kontext und in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu nicht fremdüblichen Abreden neu und konkretisiere des Weiteren den farb- und konturlosen Begriff des Konzernrückhalts. Des Weiteren gibt die neue Rechtsprechung die bisherige Sicht zur Sperrwirkung des Art. 9 OECD-Musterabkommen auf.

Noch weitere anhängige Verfahren, die der Gruppe der „Sperrwirkungsfälle“ zuzuordnen sind, werden sich in der Rechtsfindung an diesen neuen Grundsätzen messen lassen müssen.

IV. Aus anderen Rechtsgebieten

Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 05.12.2018 – L 9 KR 13/13 schließt die Stellung als Kommanditist ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Ebenso steht die Tatsache, dass Träger der Rechte in einer Kommanditgesellschaft die Gesellschafter sind, einem solchen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen. Andererseits ist es in dem Fall, dass der Kommanditist seine Tätigkeit als selbst handelnder (Mit-)Unternehmer erbringt, so, dass er für dieselbe Tätigkeit nicht auch versicherungspflichtig beschäftigt sein kann. In diesem Fall erbringt er die Leistungen auch für sich selbst und ist nicht in ein für ihn fremdes, sondern in sein eigenes Unternehmen eingebunden. Er wird somit unmittelbar als Gesellschafter tätig und trägt unmittelbar das Unternehmerrisiko. Wird er dagegen aufgrund eines außergesellschaftsrechtlichen Verhältnisses gegenüber der Gesellschaft tätig, liegt ein Drittverhältnis vor und er kann im Verhältnis zur Gesellschaft abhängig Beschäftigter sein.

Nach dem EuGH-Urteil vom 14.05.2019 – Rs. C-55/18/Deutsche Bank SAE müssen die Mitgliedstaaten der EU die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems obliegen dabei den Mitgliedstaaten.

Anmerkung:

Der EuGH ist der Auffassung, dass ohne ein System der arbeitstäglichen Arbeitszeiterfassung es dem Arbeitnehmer nicht möglich ist, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und ihre zeitliche Verteilung oder die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich zu ermitteln. Dies stünde dem Arbeitnehmer bei der Durchsetzung seiner Rechte entgegen.

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