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Rundschreiben X/2022

|   2022

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

 

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

 

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

10.11.2022:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

15.11.2022:

  • Gewerbesteuer
  • Grundsteuer

24.11.2022:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.11.2022 fälligen Steuern endet am 14.11.2022, für die zum 15.11.2022 fälligen Steuern läuft die Schonfrist am 18.11.2022 ab.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat November 2022 ist der 28.11.2022.

12.12.2022:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

23.12.2022:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 12.12.2022 fälligen Steuern endet am15.12.2022

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Dezember 2022 ist der 28.12.2022.

II. Aus der Gesetzgebung

Die Regierungskoalition hat sich bereits unter dem Datum vom 03.09.2022 auf ein Entlastungspaket III geeinigt.

Die Umsatzsteuerermäßigung für Speisen in der Gastronomie gem. § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG (Restaurations- und Verpflegungsleistungen) soll verlängert werden.

Die im Entwurf zum Inflationsausgleichsgesetz vorgesehenen Änderungen des § 32a EStG zur Abmilderung der so genannten kalten Progression sollen möglicherweise nachgebessert werden.

Ab 01.01.2023 soll die Grenze für die Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für Midi-Jobs von € 1.600 auf € 2.000 erhöht werden.

Die im Zusammenhang mit dem Entlastungspaket III diskutierte Freistellung zusätzlicher Zuwendungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten bis zu € 3.000 von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben wurde bereits mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz (siehe II. 2 nachfolgend) umgesetzt.

Die für Studierende und Rentner beabsichtigte steuerpflichtige Energiepauschale von € 300 bzw. € 200 wurde durch das Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs, dem der Bundestag am 20.10.2022 zugestimmt hat, für Rentner umgesetzt.

Mit Datum vom 30.09.2022 hat der Deutsche Bundestag (BT-Drucks. 476/22) das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz beschlossen. Unter dem Datum vom 19.10.2022 wurde das Gesetz verkündet (BGBl. 2022 I, S. 1743).

Das Gesetz (§ 28 Abs. 5 UStG), sieht vor dass für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und Lieferungen von Wärme über ein Wärmenetz in der Zeit vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 der Umsatzsteuersatz von 19 % auf 7 % abgesenkt wird.

Zur Anwendung der gesetzlichen Neuregelungen liegt bereits ein umfassendes BMF-Schreiben vom 25.10.2022 vor (III C 2 – S 7030/22/10016:005).

Des Weiteren wird § 3 Nr. 11b EStG um eine weitere Norm in Nr. 11c ergänzt. In dieser ist vorgesehen, dass zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26.10.2022 bis 31.12.2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von € 3.000 steuerfrei bleiben. Aufgrund der mit Aufnahme in den Katalog der Vorschrift des § 3 EStG vorgesehenen Steuerfreiheit, sind die vorgenannten Zuschüsse auch sozialversicherungsfrei.

Nach dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 08.09.2022 sollen die Rechengrößen der Sozialversicherung für 2023 wie folgt erhöht werden:

Die Bezugsgröße in der Sozialversicherung soll auf jährlich € 40.740 und die Bezugsgröße (Ost) auf € 39.480 € angehoben werden.

Die Versicherungspflichtgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung wird auf € 66.600 festgelegt.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung soll € 59.850 betragen.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung wird angehoben, und zwar auf € 87.600 bzw. in Ostdeutschland auf € 85.200.

Unter dem Datum vom 05.10.2022 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der europäischen Umwandlungsrichtlinie (UmwG-E, BT-Drucks. 20/3822) vorgelegt. Die Gesetzesinitiative beruht auf der Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten, die Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.11.2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 bezüglich der grenzüberschreitenden Umwandlung, Verschmelzung und Spaltung (kurz: UmwRL) bis zum 31.01.2023 in nationales Recht umzusetzen.

Folgende wesentliche Punkte sieht der Regierungsentwurf vor:

Für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften aA und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird ein rechtssicheres, europaweit kompatibles Verfahren eingeführt. Im Rahmen des Verfahrens kommunizieren die beteiligten Handelsregister digital miteinander.

Für grenzüberschreitende und innerstaatliche Umwandlungen werden die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht, um die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung zu beenden. Das Spruchverfahren steht künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung.

Aktiengesellschaften erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen.

Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger im Umwandlungsverfahren soll gestärkt und ihr Rechtsschutz effizient ausgestaltet werden.

Zudem sollen Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ihrer Arbeitgeber eigene Rechte auf frühzeitige und umfassende Erläuterung über das Umwandlungsvorhaben erhalten, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können.

Nach der Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 371/22) trägt dieser die grundsätzlichen Regelungsinhalte mit.

Weiterer Inhalt des Regierungsentwurfs ist, dass die Mindestfrist, die zwischen Offenlegung des Verschmelzungsplans und der Zustimmung zu diesem einzuhalten ist, nicht mehr an dem Datum der Einreichung beim Register gemessen wird, sondern an dem Datum der Registerbekanntmachung (§ 308 Abs. 1 UmwG-E). Die Bundesregierung sieht im Gesetzentwurf dagegen nicht vor, dass Verhandlungen über die Mitbestimmung für die aus einer Umwandlung hervorgehenden Gesellschaften auch dann verpflichtend geregelt werden, wenn nachträglich ein mitbestimmungsrelevanter Schwellenwert des Wegzugsstaats erreicht wird.

Die Beratungen zu dem dem Bundestag zugeleiteten Gesetzentwurf stehen noch aus.

Die EU-Kommission hatte Anfang September 2022 im Hinblick auf die Rekordpreise für Gas und Strom ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, um den Auswirkungen der Energiepreise in Europa entgegenzuwirken.

Der EU-Verordnungsentwurf der Kommission wurde am 14.09.2022 (COM [2022] 473) beschlossen. Sie schreibt verpflichtend vor, dass die Mitgliedstaaten in Spitzenzeiten den Stromverbrauch um 5 % senken. So genannte Übergewinne bei Energieunternehmen sollen abgeschöpft werden. Hieraus erwartet die Kommission rd. € 140 Mrd., die in Hilfsprogramme für Bürger und kleine und mittlere Unternehmen fließen sollen. Für Öl-, Gas- und Kohlekonzerne ist eine Solidaritätsabgabe auf Gewinne vorgesehen, die mehr als 20 % über dem Durchschnitt der letzten drei Jahre liegen. Gewinn von Anbietern, die besonders günstig produzieren können, sollen oberhalb von € 180 pro MWh abgeschöpft werden. Die Regelungen für Liquiditätshilfen sollen zudem gelockert werden, um betroffene Unternehmen gezielt unterstützen zu können.

Die Energieminister der EU-Mitgliedstaaten haben im Ergebnis ihrer Beratungen bereits Ende September 2022 dem Verordnungsentwurf zugestimmt.

Der EU-Verordnungsvorschlag wurde vom Rat angenommen. Der Rat spricht sich zudem für weitere Maßnahmen aus, u. a. der Forderung nach einer Steuer auf Zufallsgewinne und einer Preisobergrenze für Gasimport über Pipelines.

Die Verordnung ist am 08.10.2022 in Kraft getreten und gilt für ein Jahr. Es handelt sich dabei um einen verbindlichen Rechtsakt, der in allen EU-Ländern vollumfänglich Geltung hat. Dabei gelten die Regelungen zu

  • Art. 4, Senkung des Bruttostromverbrauchs,
  • Art. 5, Maßnahmen zur Erreichung der Nachfragesenkung,
  • Art. 6, verbindliche Obergrenze für Markterlöse,
  • Art. 7, Anwendung der Obergrenze für Markterlöse für Stromerzeuger,
  • Art. 9, Verteilung der Überschusserlöse und
  • Art. 10, Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten

ab dem 01.12.2022. Eine frühere freiwillige Anwendung ist den Mitgliedstaaten unbenommen. Die Geltungsdauer der Maßnahmen kann aufgrund einer Evaluierung bezüglich des Spotmarktes durch die Kommission auf Vorschlag der Kommission verlängert werden.

Weiterhin politisch umstritten ist in der EU insbesondere, ob die Einführung eines europäischen Gaspreisdeckels erfolgt und neue EU-Kreditprogramme zur Bekämpfung der Energiepreisekrise in der EU vorgesehen werden sollen.

III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

Nach dem BFH-Urteil vom 03.05.2022 – IX R 22/19 entschied das oberste deutsche Steuergericht, dass zu den Anschaffungskosten beim Anteilserwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch die übernommenen objektbezogenen Verbindlichkeiten gehören. Die Anschaffungskosten für den Erwerb eines Anteils führen für Zwecke der Absetzung für Abnutzung (AfA) auch zu einer neuen AfA-Reihe, bei der eine neue Aufteilung auf die erworbenen Wirtschaftsgüter folgt und eine neue Restnutzungsdauer festgelegt wird.

Anmerkung:

Auf Ebene der Gesamthand bleibt es bei den bisherigen Absetzungen, hinzu kommen jedoch die Absetzungen des Erwerbers, die sich aus seinen Anschaffungskosten ergeben. Die Aufteilung des zusätzlichen AfA-Volumens erfolgt nach Maßgabe der stillen Reserven in den (anteilig) erworbenen Wirtschaftsgütern. Bei Immobilien ist eine Unterscheidung von Anschaffungskosten auf den Grund und Boden sowie dem Gebäude zu treffen. Auf den Aufteilungsmaßstab bei Ersterwerb oder Errichtung der Immobilie kommt es dabei nicht an. Maßgeblich sind die stillen Reserven im Zeitpunkt des Anteilserwerbs.

Vorbemerkung:

Die Antwort auf die Frage, ob bereits der Beginn der werbenden Tätigkeit der gewerblichen Tätigkeit oder lediglich den gewerbesteuerrechtlich unbeachtlichen vorbereitenden Handlungen zuzuordnen ist, war Gegenstand des nachfolgend wiedergegebenen Urteils des BFH. Die Entscheidung ist für die Neugründung von gewerblich tätigen Unternehmen von besonderer Bedeutung, wenn nämlich im Rahmen der Vorbereitungshandlungen für die Aufnahme des eigentlich intendierten Geschäftsbetriebs höhere Aufwendungen anfallen oder sogar durch die Vorbereitungshandlungen im ersten Geschäftsjahr ein Gewerbeverlust festzustellen ist, der sich in späteren Wirtschaftsjahren auswirken soll.

Der BFH hat mit Urteil vom 01.09.2022 – IV R 13/20 entschieden, dass die für die sachliche Gewerbesteuerpflicht maßgebliche Aufnahme der werbenden Tätigkeit bei einem Handelsunternehmen erst mit der Anschaffung der ersten Handelsgegenstände gegeben ist. D. h., erst mit dem wirksamen Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrags beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht. Nicht entscheidend ist der durch Vorbereitungshandlungen bestimmte Beginn des Erwerbsprozesses, sondern vielmehr das Ende des Erwerbsprozesses, welches durch den Abschluss des Kaufvertrags markiert ist.

Anmerkung:

Im Urteilsfall ging es um eine Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftszweck gem. Gesellschaftsvertrag der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist. Es ging mithin um einen gewerblichen Grundstückshandel. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren der Gesellschaft auch Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen gestattet, die geeignet erschienen, den Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern. Die Gesellschaft wendete im ersten Wirtschaftsjahr Druck- und Prospektkosten, Aufwendungen für Genussrechtsemissionen und Projektaufbereitung sowie Verkaufsprovisionen und Vertriebskosten auf. Ebenso wurden ihr durch ein beauftragtes Maklerbüro Immobilien-Exposés zur Verfügung gestellt, infolge dessen es zu Besichtigungen der Grundstücke kam und auch noch im ersten Wirtschaftsjahr ein Notarvertragsentwurf übersandt wurde. Aus allem erklärte die Gesellschaft einen Gewerbeverlust i. S. des § 10a GewStG. Den notariell beurkundeten Kaufvertrag über Grundstücke, die mit Mehrfamilienhäusern bebaut waren, schloss sie erst im zweiten Geschäftsjahr ab. Die Grundstücksveräußerungen folgten eineinhalb Jahre später.

Das Finanzamt versagt die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes für das erste Wirtschafsjahrunter Hinweis darauf, dass im ersten Wirtschaftsjahr nur Vorbereitungshandlungen (im Urteilsfall in Gestalt von Akquisitionstätigkeiten) stattgefunden hatten. Während das Finanzgericht in erster Instanz der Klage statt gab, hielt der BFH in der Revision nicht für ausreichend, dass mit der Beauftragung des Maklerbüros, der Besichtigung der Grundstücke, den Kaufvertragsverhandlungen und der Beauftragung des Notars zur Fertigstellung des Grundstückskaufvertrags bereits Tätigkeiten unternommen wurden, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der Grundstücksgeschäfte gerichtet waren. Vielmehr sei nach Auffassung des BFH die sachliche Gewerbesteuerpflicht nicht durch den Beginn des Erwerbsvorgangs, wie durch die Kontaktaufnahme zu Immobilienmaklern gegeben, sondern erst mit dem Ende des Erwerbsvorgangs in Gestalt des Kaufvertragsabschlusses als gegeben anzunehmen.

In der Entscheidung vom 28.06.2022 – I R 43/18 entschied der BFH, dass in den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG (Kürzung von Gewinnanteilen aus einer Beteiligung an einer inländischen, nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaft, wenn die Beteiligungsquote zu Beginn des Erhebungszeitraums bestand und mindestens 15% beträgt) nicht nur solche Kapitalgesellschaften fallen, die ihren statuarischen Sitz und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben, sondern auch solche, die nur den Ort der Geschäftsleitung im Inland unterhalten und somit doppelt ansässig im steuerlichen Sinne sind.

Im Urteilsfall vom 04.08.2022 – VI R 35/20 entschied der BFH, dass das Werbungskostenabzugsverbot gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG für Aufwendungen bei Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug auch dann gilt, wenn dem Arbeitnehmer für die Nutzung des Dienstwagens eigene Aufwendungen erwachsen, die im Rahmen der Bewertung des Nutzungsvorteils keine Berücksichtigung finden, weil insofern der Nutzungsvorteil bereits auf € 0 gemindert ist. Der BFH sieht diese Rechtsauffassung durch das Korrespondenzprinzip zwischen dem Werbungskostenabzugsverbot gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 und der Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 EStG begründet. Nach der letztgenannten Vorschrift sei es so, dass keine fingierte Einnahme von 0,002% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zum Ansatz gebracht wird, wenn für die in Betracht kommenden Fahrten ein Abzug von Werbungskosten in Betracht käme.

Anmerkung:

Im Urteilsfall leistete ein Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vereinbarte Zuzahlungen zu den Kosten des ihm gestellten und auch für private Zwecke nutzbaren Dienst-PKW. Dies führte in einigen Monaten des Abrechnungsjahres dazu, dass für den Ansatz eines geldwerten Vorteils aus der PKW-Gestellung kein Raum verblieb, weil der Arbeitnehmer mehr Zuzahlungen leistete, als der nach der 1 %-Regelung ermittelte lohnsteuerrelevante Vorteil ausmachte. Im Rahmen der Einkommensteuer machte der Arbeitnehmer für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Höhe der von ihm geleisteten Zuzahlungen je gefahrenem Kilometer geltend. Das lehnte der BFH aus den oben ausgeführten Gründen ab.

Das Urteil des BFH vom 26.07.2022 – II R 25/20 zu dem bis zum 30.06.2016 anzuwendenden Erbschaftsteuerrecht lässt sich im Kern wie folgt zusammenfassen:

1) Die Optionsverschonung (Vollverschonung) für Betriebsvermögen kann für jede wirtschaftliche Einheit separat in Anspruch genommen werden (Anm d. Verf.: Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, siehe R E 13a.13 ErbStR 2011; R E 13.a21 ErbStR 2019.).

2) Fehlt es an den Tatbestandsvoraussetzungen für die beantragte Optionsverschonung, kommt ein Rückfall auf die Regelverschonung nicht in Betracht.

Anmerkung:

Im Urteilsfall erwarb die Klägerin von ihrer Mutter schenkweise Kommanditbeteiligungen an vier Kommanditgesellschaften. Die Schenkungsteuer wurde vom Finanzamt zunächst unter Ansatz der Regelverschonung (85 % des Betriebsvermögens blieb steuerfrei) für alle vier Einheiten festgesetzt. Aufgrund der vom zuständigen Finanzamt durchgeführten Bewertung kam es zur Feststellung einer Verwaltungsvermögensquote von 13,74 % bei einer wirtschaftlichen Einheit. Die übrigen wirtschaftlichen Einheiten wiesen Verwaltungsvermögensquoten von unter 10 % aus. Aufgrund dieser Bewertung kam es zu einer erhöhten Steuerfestsetzung, gegen die die Klägerin Einspruch einlegte und im Verlauf des Einspruchsverfahrens darüber hinaus unwiderruflich die Options- bzw. Vollverschonung für den gesamten Erwerb aller vier Beteiligungen in Anspruch nahm. Sie begründete das damit, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung der Antrag auf Vollverschonung nur einheitlich gestellte werden können soll. Das Finanzamt gewährte für drei der Beteiligungen die Vollverschonung, für die Beteiligung, bei der die Verwaltungsvermögensquote über 10 % lag, gewährte sie keinerlei Verschonung.

Das angerufene Finanzgericht wies die Klage ab und bestätigte die Auffassung des Finanzamts, dass der Antrag auf Vollverschonung nur einheitlich für alle erworbenen wirtschaftlichen Einheiten gestellt werden könne. Ein Rückfall auf die Regelverschonung für die wirtschaftlichen Einheiten, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, sei aber nicht möglich.

Im Ergebnis bestätigte der BFH die Auffassung des Finanzgerichts hinsichtlich des Rückfalls auf eine Null-Verschonung, nicht jedoch im Hinblick auf das Erfordernis, dass für alle erworbenen wirtschaftlichen Einheiten einheitlich der Antrag auf Optionsverschonung gestellt werden müsse.

IV. Aus anderen Rechtsgebieten

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24.03.2022 – 2 U 143/21 lässt sich wie folgt wiedergeben:

Es liegt ein Verstoß gegen die nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht eines aus einer aus einer Zwei-Personen-GmbH ausgeschiedenen Mitgesellschafters vor, wenn dieser die Projektleitung, welche er für eine Kundin der GmbH, einem Software-Unternehmen, innehatte, für eine Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise in seinem neuen beruflichen Wirkungskreis ohne Zustimmung der Gesellschaft fortsetzt.

Anmerkung:

Die im Gesellschaftsrecht anerkannte Treuepflicht eines Gesellschafters endet nach Ausscheiden des Gesellschafters, jedoch kommen darüber hinaus auch noch nachwirkende Unterlassungs- und Loyalitätspflichten in Betracht. Insbesondere darf der Gesellschafter nicht konkrete Geschäftschancen der GmbH auf sich selbst oder auf Dritte, an denen er beteiligt ist, umleiten.

Im Urteilsfall führt das Gericht in den Urteilsgründen u. a. aus:„Dem Grunde nach gerechtfertigt ist jedoch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen der mindestens fahrlässigen Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten durch den Beklagten als ausgeschiedenen Gesellschafter der Klägerin nach der sog. Geschäftschancenlehre.“

Der Bundestag hat am 29.09.2022 die Verlängerung des seit Beginn der Corona-Pandemie geltenden erleichterten Zugangs zum Kurzarbeitergeld (KuG) bis zum 30.06.2023 beschlossen (BT-Drucks. 20/3494). Dieser vereinfachte Zugang zum KuG war zuletzt über Verordnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wiederholt verlängert worden. Das Gesetz ermöglicht es der Bundesregierung, auch über den 30.09.2022 hinaus Sonderregelungen zum KuG durch Verordnung zu erlassen. Hinsichtlich der pandemiebedingten Möglichkeit des anrechnungsfreien Hinzuverdiensts durch Aufnahme eines Minijobs während der Kurzarbeit wird eine bis zum 30.06.2023 befristete Verordnungsermächtigung vorgesehen. Bereits am 28.09.2022 hat das Bundeskabinett durch Verordnung beschlossen, dass auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer befristet wieder Kurzarbeitergeld erhalten. Ihr Anspruch gilt vom 01.10.–31.12.2022.

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