In der jüngsten Vergangenheit haben Berichte in den Medien zu nicht unerheblicher Verunsicherung in der Bevölkerung, speziell bei den Rentnern geführt. Nach diesen Medienberichten, die sich auf eine Pressemeldung der Deutschen Steuergewerkschaft (Gewerkschaft der in der Finanzverwaltung Tätigen) berufen, müssen etwa zwei Millionen Rentner für zurückliegende Jahre Einkommensteuernachzahlungen auf ihre Renteneinkünfte leisten, da sie in den vergangenen Jahren keine Einkommensteuererklärung abgegeben und deshalb auch keine Einkommensteuer gezahlt haben, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen wären. Altersrenten sind grundsätzlich Bestandteil der steuerpflichtigen Einnahmen. Dies wurde in der Vergangenheit oftmals übersehen, teilweise sogar ignoriert.
Hierzu ist Folgendes anzumerken: Ab dem Jahre 2009 wird die Finanzverwaltung in der Lage sein, durch einen Abgleich mit den durch die Rentenversicherungsträger zur Verfügung gestellten Informationen zu prüfen, welcher Rentner grundsätzlich einkommensteuererklärungspflichtig sein kann. In welcher Höhe auf bezogene Altersrenten Einkommensteuer zu entrichten ist, richtet sich insbesondere nach der Höhe der bezogenen Renten und dem Beginn des Rentenbezugs. Rentner, die durch die Finanzverwaltung als steuerpflichtig ermittelt worden sind, werden voraussichtlich durch das zuständige Finanzamt angeschrieben und aufgefordert werden, (wahrscheinlich) für die Zeiträume seit 2005 nachträglich Einkommensteuererklärungen einzureichen, damit das Finanzamt die sich eventuell ergebende Steuer ermitteln kann. Die hieraus resultierenden Steuernachzahlungen sind in den vorgenannten Medienberichten gemeint. Über die Steuernachzahlungen hinaus werden gegen die Rentner, die entgegen der bestehenden Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung bisher für die betreffenden Zeiträume keine Erklärung abgegeben haben, sog. Verspätungszuschläge festgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um Geldbeträge, die deshalb zusätzlich zur festgesetzten Einkommensteuer zu zahlen sind, weil die jeweilige Einkommensteuererklärung nicht fristgemäß eingereicht worden ist. Darüber hinaus wird es auch zur Festsetzung von Nachzahlungszinsen kommen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass diejenigen Rentner, die entgegen der bestehenden Pflicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen solche der Finanzverwaltung nicht eingereicht haben, grundsätzlich den strafbewehrten Tatbestand der sog. „leichtfertigen Steuerverkürzung“, die nicht mit der Steuerhinterziehung zu verwechseln ist, erfüllt haben könnten. Ob diese Ordnungswidrigkeit(en) durch die Finanzverwaltung verfolgt werden, kann an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden. Dies ist sicherlich eine Frage des Einzelfalls, die maßgeblich durch die Höhe der verkürzten Steuer beeinflusst werden wird.
Was ist also zu tun?
Grundsätzlich stehen zwei Wege offen:
- Die erste alternative Verhaltensweise besteht aus der Sicht des Rentners darin, nichts zu unternehmen und abzuwarten, ob der Rentner durch die Finanzverwaltung angeschrieben und zur Erfüllung seiner Erklärungspflichten aufgefordert wird. Diese Vorgehensweise halten wir jedoch aus mehreren Gründen für nicht empfehlenswert. Zum einen steht zu erwarten, dass kein Rentner bei der ab dem Jahre 2009 stattfindenden Überprüfung durch die Finanzverwaltung „übersehen“ werden wird. Sollte sich bei der Überprüfung durch die Finanzverwaltung herausstellen, dass der jeweilige Rentner erklärungspflichtig war bzw. ist, wird die Finanzverwaltung den Steuerpflichtigen auffordern, innerhalb einer bestimmten Frist die angeforderten Steuererklärungen einzureichen. Wir gehen davon aus, dass diese Frist in der Regel einen Monat betragen wird. Unter Umständen ist diese Frist aus der Sicht des betroffenen Rentners jedoch sehr kurz bemessen, da eventuell noch erforderliche Unterlagen beschafft werden müssen. Das heißt, die Anfertigung der Einkommensteuererklärungen müsste unter Umständen unter großem Zeitdruck erfolgen. Darauf zu hoffen, dass die Finanzverwaltung großzügig Fristverlängerungen gewähren wird, erscheint aus unserer Sicht als wenig erfolgversprechend. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu beachten, dass die Einkommensteuererklärungen für die vergangenen Jahre ohnehin verfristet sein werden und die Finanzverwaltung daher auf die zeitnahe Einreichung der Erklärungen bestehen wird.
Darüber hinaus ist ein weiterer Punkt zu beachten: Bis zum Zeitpunkt des Erscheinens der oben genanten Medienberichte wird es sich so verhalten, dass die ganz überwiegende Anzahl der Rentner schlicht nicht gewusst hat, dass auch für Sie grundsätzlich eine Pflicht zur Anfertigung von Einkommensteuererklärungen besteht. Auf dieses „Nichtwissen“ werden sich die Rentner angesichts des Umstandes, dass die oben angesprochenen Medienberichte bundesweit massiv erschienen sind, in Zukunft wohl aber nicht mehr berufen können. Gibt ein Rentner, der aufgrund der Medienberichte positiv weiß, dass er Einkommensteuererklärungen abzugeben hatte bzw. hat, keine Erklärung ab, so trifft ihn unter Umständen nicht (nur) der Vorwurf, Steuern leichtfertig verkürzt zu haben, sondern der Vorwurf, Steuerhinterziehung(en) begangen zu haben. - Die zweite alternative Vorgehensweise besteht darin, die zu erwartende Prüfung durch die Finanzverwaltung zum Anlass zu nehmen, selbst tätig zu werden und prüfen zu lassen, ob für die Vergangenheit Einkommensteuererklärungen anzufertigen waren. Sollte sich bei dieser Prüfung herausstellen, dass Einkommensteuererklärungen anzufertigen waren, sollten diese selbstverständlich angefertigt und der Finanzverwaltung eingereicht werden. Diese Vorgehensweise hätte zunächst den großen Vorteil, dass eventuell bestehende Steuerrückstände bereits frühzeitig identifiziert würden, was es dem Steuerpflichtigen ermöglichen würde, die eventuell erforderliche Finanzierung der Nachzahlung zu planen. Darüber hinaus hätte die unaufgeforderte Einreichung der Erklärungen den Vorteil, dass in jedem Fall eine ordnungs- oder gar strafrechtliche Verfolgung des Rentners ausgeschlossen wäre.
Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Steuerschulden des Erblassers auf seine Rechtsnachfolger, also auf seine Erben übergehen und von diesen beglichen werden müssen. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der zum Erben Berufene das Erbe ausschlägt und so den Übergang der Steuerschulden auf sich verhindert. Aus der Sicht des Rentners ist also zu bedenken, dass man unter Umständen seinem Erben ungewollt eine Steuerschuld vererbt. Bereits unter Beachtung dieses Gesichtspunktes drängt sich die Klärung des eigenen steuerrechtlichen Status auf, denn seine Erben in unkontrollierte Steuerrechtsprobleme zu bringen, das will wohl kein Erblasser.
Im Zusammenhang mit der Rentenbesteuerung gilt wieder einmal der Grundsatz: Unwissenheit schützt vor Schaden nicht!
Mitgeteilt durch:
Rechtsanwalt Johannes Wallmeyer