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Rundschreiben I/2023

|   2023

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

Rundschreiben I/2023

10.02.2023:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

15.02.2023:

  • Gewerbesteuer
  • Grundsteuer

22.02.2023:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.02.2023 fälligen Steuern endet am 13.02.2023 und für die am 15.02.2023 fälligen Steuern am 20.02.2023.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Februar 2023 ist der 24.02.2023.

10.03.2023:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

27.03.2023:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.03.2023 fälligen Steuern endet am 13.03.2023.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat März 2023 ist der 29.03.2023.

II. Aus der Gesetzgebung

Wie berichtet, wurde das Jahressteuergesetz 2022, dem der Bundesrat in seiner Sitzung am 16.12.2022 zugestimmt hat, am 20.12.2022 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2022 I, 2294) verkündet.

Die im Gesetz berücksichtigte Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hat noch zu einer Vielzahl von Änderungen bzw. Erweiterungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung geführt.

Die Steuerbefreiung von € 4.500 nach § 3 Nr. 11 Buchst. b EStG wird für Leistungen nach § 150c SGB XI in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16.09.2022 auf Auszahlungen bis zum 31.05.2023 gewährt.

Die Vorschriften zur Anwendung der Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG wird auf den 01.01.2022 zurückbezogen. Zudem wird für Anlagen mit einer Leistung bis zu 15 kW (peak) auf, an oder in gemischt genutzten Gebäuden nicht mehr vorausgesetzt, dass diese überwiegend Wohnzwecken dienen.

Hinsichtlich der Neuregelung für häusliche Arbeitszimmer und das Homeoffice ab 01.01.2023 gilt, dass, wenn ein häusliches Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet, anstelle der nachgewiesenen Aufwendungen optional eine Jahrespauschale (ggf. zeitanteilig) von € 1.260 geltend gemacht werden kann. In Fällen, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, gilt dies auch dann, wenn hierfür ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG). Handelt es sich nicht um einen der „Mittelpunktfälle“, ist zu unterscheiden, ob dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Steht ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind € 6 Tagespauschale (höchstens € 1.260 jährlich) für jeden Arbeitstag absetzbar (das ist der typische Homeoffice-Fall), an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Steht dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird (ausgeschlossen ist jedoch der Abzug der Tagespauschale, soweit für die Wohnung bereits Unterkunftskosten im Rahmen von §§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG abgezogen werden oder ein Abzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erfolgt).

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, kann die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens gem. § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme die GWG-Grenze nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG (derzeit € 800) nicht übersteigt. Insoweit wurde die anderslautende BFH-Rechtsprechung, die mangels Rechtsgrundlage den Sofortabzug in Kleinbetragsfällen nur auf Grundlage einer Verwaltungsauffassung ausgeschlossen hatte, durch eine gesetzliche Neuregelung wieder eingefangen.

Durch § 19 Abs. 3 EStG wird die Besteuerung der Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepauschalen-Gewährungsgesetz als Einnahme gesetzlich nach § 19 Abs. 2 EStG abgesichert. Für Rentenbezieher regelt § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c EStG die Besteuerung der Energiepreispauschale nach dem Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz.

Die Registerfallbesteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Sätze 1 und 2 EStG, z. B. für Einkünfte aus der Überlassung von in einem inländischen Register eingetragenen Rechten soll unter anderem dann entfallen, wenn ihr ein Doppelbesteuerungsabkommen entgegensteht.

Die Vorschriften der §§ 123, 124, 125 und 126 EStG regeln die Besteuerung der einmaligen Entlastung nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG, soweit sie nicht unter eine andere Einkunftsart fallen.

Die Erhöhung der Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG auf 3 % gilt aufgrund der Gesetzesänderung bereits für Anschaffungen oder Herstellungen ab 01.01.2023. Der noch im Regierungsentwurf gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG-Entw. vorgesehene Ausschluss des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer für Gebäude entfällt.

Die bisherige Sonderabschreibung für die Herstellung neuer Mietwohnungen nach § 7b EStG galt nur, wenn der Bauantrag vor dem 01.01.2022 gestellt worden war. Die Vorschrift wird mit veränderter Effizienzvorgabe verlängert, jedoch kommt sie nur zur Anwendung, wenn der Bauantrag oder die Bauanzeige in den Jahren 2023 bis 2026 gestellt wird.

Für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wird der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ab 2023 von € 1.200 auf € 1.230 angehoben.

Der Entlastungsbetrag nach § 24b Abs. 2 EStG für Alleinerziehende mit mindestens einem Kind, für das ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld beansprucht werden kann, wird der Entlastungsbetrag von bisher € 4.008 um € 252 auf € 4.260 erhöht.

Angespartes gefördertes Altersvorsorgevermögen kann künftig auch für Aufwendungen für energetische Maßnahmen im Sinne des § 35c Abs. 1 Satz 3 EStG bei einer selbst genutzten Wohnung in Anspruch genommen werden.

Zur körperschaftsteuerlichen Organschaft legt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 KStG fest, dass in dem Fall, in dem sich die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft bereits aus der unmittelbaren Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft ergibt, keine mittelbare Organschaft vorliegt.

Die Neuregelungen zu Gunsten der Einlagelösung für Ausgleichsposten bei Mehr- und Minderabführungen im Rahmen eines bestehenden Ergebnisabführungsvertrags wurden in § 14 Abs. 4 KStG weitgehend im Sinne der bereits verlautbarten Verwaltungsauffassung nachgebessert und ergänzt. Ebenso wurde für den Übergang zur Einlagelösung auch die Übergangsregelung zum neuen Konzept und die Möglichkeit der Bildung einer steuerfreien Rücklage nach § 34 Abs. 6e KStG gesetzlich vorgesehen.

Für den Fall der Einlagenrückgewähr durch Körperschaften und Personenvereinigungen, die nicht der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland unterliegen, erfolgt nach § 27 Abs. 8 KStG auf Antrag ab dem VZ 2023 eine gesonderte Feststellung des Betrags, der für die (steuerfreie) Einlagenrückgewähr in Betracht kommt. Die Feststellung ist dann jedoch Voraussetzung für die Steuerfreistellung.

Die Änderung in § 7b Abs. 2 GewStG soll unsachgerechte Ergebnisse bei der gewerbesteuerlichen Verrechnung von Sanierungserträgen nach § 3a EStG verhindern. Die Vorschrift bestimmt, dass der steuerfreie Sanierungsertrag den negativen Gewerbeertrag des zu sanierenden Unternehmens im Jahr des Sanierungsertrags mindert, bei vororganschaftlichen Verlustvorträgen der Organgesellschaft Sanierungserträge vom ausgeschlossenen Verlustvortrag abgezogen werden und die vorgenannten Sanierungserträge auch von dem gesondert festzustellenden Verlustvortrag abgesetzt werden.

Im Investmentsteuergesetz (InvStG) werden zahlreiche spezielle Änderungen unter anderem zum Katalog der Anlagebestimmungen für Spezial-Investmentfonds, zu den Einnahmen aus der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung eines Investmentfonds und zum Einbezug klimatischer Ziele vor allem im Zusammenhang mit der Stromerzeugung vorgenommen.

Der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG wird durch eine veränderte Definition im Sinne der bisherigen Verwaltungsauffassung dahingehend geändert, dass Bruchteilsgemeinschaften Unternehmer sein können. Die Rechtsprechung hatte dieses zur bisherigen Gesetzeslage verneint.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) können nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG die Ist-Besteuerung wählen, soweit sie nicht freiwillig Bücher führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse machen oder dazu gesetzlich verpflichtet sind.

Die am 31.12.2022 auslaufende Übergangsfrist für die Anwendung des § 2b UStG durch juristische Personen des öffentlichen Rechts, wonach diese auch bei Erhebung von Zöllen, Gebühren, Beiträgen und sonstigen Abgaben dann nicht als Unternehmer gelten, wenn die Tätigkeiten nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, verlängert sich nochmals um zwei Jahre.

Eine Zweifachbesteuerung mit Grunderwerbsteuer soll vermieden werden, indem § 16 Abs. 4a GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eine Aufhebung oder Änderung der auf Grund eines Rechtsgeschäfts nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 GrEStG (Anteilserwerbe, die zu einem Anteilsbesitz von mindestens 90 % an einer grundstückshaltenden Kapitalgesellschaft führen) zunächst entstandenen Grunderwerbsteuer ermöglicht.

Das Jahressteuergesetz 2022 führt als Art. 40 mit dem „Energiekrisenbeitrag“ eine neue Steuer durch das Gesetz zur Einführung eines EU-Energiekrisenbeitrags nach der Verordnung (EU) 2022/1854 für das erste nach dem 31.12.2021 beginnende volle Wirtschaftsjahr. (Besteuerungszeitraum 1) sowie das darauffolgende Wirtschaftsjahr (Besteuerungszeitraum 2) ein. Steuerschuldner sind die im Inland betriebenen gewerblichen Unternehmen jedweder Rechtsform, die jeweils bezogen auf das Wirtschaftsjahr mindestens 75 % ihres Umsatzes durch die in der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 genannten Wirtschaftstätigkeiten in den Bereichen Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielen. Bemessungsgrundlage ist der Betrag in Höhe der positiven Differenz, um den der nach einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte steuerliche Gewinn für den Besteuerungszeitraum (1 oder 2) den um 20 % erhöhten Durchschnitt des steuerlichen Gewinns in den nach dem 31.12.2017 beginnenden und vor dem Beginn des Besteuerungszeitraums 1 endenden Wirtschaftsjahres überschreitet. Die Steuer hierauf beträgt 33 % der Bemessungsgrundlage. Der EU-Energiekrisenbeitrag ist eine sonstige Personensteuer im Sinne des § 10 Nr. 2 KStG bzw. des § 12 Nr. 3 EStG.

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates v. 22.03.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 wurde noch im Jahre 2022 (BGBl. 2022 I, 2730) verkündet. Wir haben über den Inhalt des Gesetzes im Rundschreiben XII/2022 berichtet.

III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

Nach dem BFH-Urteil vom 20.09.2022 – IX R 12/21 besteht für die Aufteilung der Anschaffungskosten für Grundbesitz für Zwecke der Ermittlung der Abschreibungsbemessungsgrundlage kein Vorrang eines Bewertungserfahrens. Steht bei Objekten die Renditeerwartung prägend für die Kaufentscheidung im Vordergrund, besteht Raum für die Anwendung des Ertragswertverfahrens. Ein genereller Vorrang einer Methode [Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren, Vergleichswertverfahren, Anm. des Verfassers] ist nicht gegeben, vielmehr kommt eine einzelfallbezogene Bewertung zur Anwendung.

Anmerkung:

Im Ausgangsverfahren vor dem Finanzgericht Hamburg hatte dieses dem hinzugezogenen Sachverständigen aufgegeben, die Aufteilung der Anschaffungskostenanteile für Grund und Boden sowie Gebäude nach dem Sachwertverfahren vorzunehmen. Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts jedoch aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung zurückverwiesen.

Vorbemerkung:

Im Rahmen der steuerlichen Erfassung von Veräußerungsgewinnen für Immobilien, die innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren ab Anschaffung veräußert werden, sieht § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG u. a. vor, dass solche Immobilien ausgenommen sind, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Im nachfolgend wiedergegeben Fall des BFH verhielt es sich so, dass die Kläger im eigenen Wohnzwecken dienenden Reihenhaus in einem Zeitraum von sechs Jahren nach Vermittlung durch einen gewerblichen Zimmervermittler zwei im Dachgeschoss belegene Zimmer in Messezeiten vermieteten. Außerhalb der Messezeiten dienten die Zimmer als Kinderzimmer. Sieben Jahren nach Erwerb der Immobilie veräußerten die Kläger diese. Das Finanzamt erfasste den hieraus entstandenen Veräußerungsgewinn anteilig. Das angerufene Finanzgericht gab den Klägern Recht. Das Finanzgericht hob darauf ab, dass die zeitweise Zimmervermietung unschädlich sei. Das für die Beurteilung heranzuziehende Wirtschaftsgut sei die gesamte Immobilie und das Dachgeschoss stelle kein eigenes Wirtschaftsgut dar. Der BFH war letztinstanzlich anderer Auffassung.

Mit Urteil vom 19.07.2022 – IX R 20/21 entschied der BFH, dass für den Fall, in dem Räumlichkeiten in einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie zeitweise fremdvermietet werden, die Privilegierung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alternative 1 EStG keine Anwendung findet. Der auf die beiden Zimmer im Dachgeschoss entfallende Veräußerungsgewinn, nicht jedoch der auf die ebenfalls zur Mitbenutzung überlassenen Flächen des Bades und Flurs entfallende Gewinn war, wie vom Finanzamt angenommen, nicht von der Besteuerung ausgenommen.

Vorbemerkung:

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes zu den Herstellungskosten, wenn die Aufwendungen netto ohne Umsatzsteuer 15 % der auf das Gebäude aufgewendeten Anschaffungskosten übersteigen und innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung anfallen. Fraglich war in dem Verfahren vor dem Finanzgericht Münster, ob zu den Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen auch die Kosten für Mieterabfindungen zählen, die diesen für die vorzeitige Räumung der Wohnungen zum Zweck der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen gezahlt wurden.

Mit Urteil vom 12.11.2021 – 4 K 1941/20 F bestätigte das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts, dass Aufwendungen für Abfindungszahlungen an Mieter anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG darstellen können. Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, wonach eine Umqualifizierung als Herstellungskosten bei Aufwendungen „für“ Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen vorzunehmen sei, verlange nicht, dass die Aufwendungen aus Baukosten im technischen Sinne resultierten. Vielmehr drücke die Verwendung des Wortes „für“ aus, dass für die umzuqualifizierenden Kosten ein unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veranlassungszusammenhang zu der baulichen Maßnahme ausreiche. Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts jedoch aufgehoben.

Mit Urteil vom 20.09.2022 – IX R 29/21 hat der BFH befunden, dass der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt ist. Eine Abfindung, die für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an einen Mieter gezahlt wird, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, gehört nicht zu den Aufwendungen i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

Nach dem Beschluss des BFH vom 15.09.2022 – IX B 27/22 kann der Eigentümer einer wohnrechtsbelasteten Immobilie auch wenn er die Absicht der Fremdvermietung hat, keine vorab entstandenen Grundstücksaufwendungen als Werbungskosten abziehen, solange der Wohnberechtigte der Vermietung nicht zugestimmt und auch nicht auf sein Wohnrecht verzichtet hat.

Vorbemerkung:

Kirchensteuererstattungen für einen vorausgegangenen Veranlagungszeitraum sind nach § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG im Jahr der Erstattung mit den Zahlungen für diesen Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Ein etwaiger Überhang ist nach Satz 3 dieser Vorschrift dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Damit führen Erstattungsüberhänge zu steuerpflichtigem Einkommen.

Im Streit befindlich war im nachstehend wiedergegebenen Verfahren vor dem BFH der Sachverhalt, dass ein Steuerpflichtiger im Jahr des Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs keine Kirchensteuer gezahlt hatte und es somit begrifflich nicht zu einem Erstattungsüberhang über die geleisteten Zahlungen kommen konnte. Zudem war zu klären, ob eine Hinzurechnung des Kirchensteuer- Erstattungsüberhangs auch dann stattfindet, wenn sich die Kirchensteuerzahlung im Jahr der Verausgabung einkommensteuerlich nicht ausgewirkt hatte.

Nach dem BFH-Urteil vom 29.06.2022 – X R 1/20 ist die Hinzurechnung eines Kirchensteuer- Erstattungsüberhangs nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG zum Gesamtbetrag der Einkünfte nicht davon abhängig, dass im Erstattungsjahr tatsächlich Kirchensteueraufwendungen geleistet worden sind. Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat. Die Hinzurechnung findet im Übrigen auch dann statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr steuerlich nicht ausgewirkt hatte.

Vorbemerkung:

Nach den Regelungen des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist der auf einen Kommanditisten entfallende anteilige Verlust weder ausgleichsfähig noch abzugsfähig, sondern nur mit späteren Einkünften aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft verrechenbar, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Mittels Einlagen kann ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten verringert oder die Entstehung eines negativen Kapitalkontos vermieden werden, was im Jahr der Verlustentstehung den Verlustausgleich nach § 15a EStG ermöglicht.

Hierzu hat der BFH mit der nachfolgend wiedergegebenen Entscheidung ein einengendes Verständnis judiziert, das für die Praxis von Bedeutung ist.

Nach dem BFH-Urteil vom 10.11.2022 – IV R 8/19 setzt die wirksame Erhöhung des Verlustausgleichspotenzials durch Einlage in das Vermögen der Gesamthand voraus, dass die freiwillige Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig ist.

Mit Urteil vom 17.01.2023 – IX R 15/20, veröffentlicht am 30.01.2023, hat der BFH entschieden, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig war.

Nach Auffassung des BFH handele es sich in den Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe. Eine Ergänzungsabgabe (Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG) habe die Funktion, den zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken. Eine Vorlage der Sache an das BVerfG sei nicht geboten.

Der Solidaritätszuschlag verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Ab dem 01.01.2021 würden zwar aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei aber gerechtfertigt. Denn bei Steuern, die wie die Einkommensteuer an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet seien, sei die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig und geboten.

Vorbemerkung:

Der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten eines sowohl zu privaten als auch zu unternehmerischen Zwecken genutzten Grundstücks mit aufstehendem Gebäude setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Zuordnungsentscheidung trifft. Diese kann beinhalten, dass das bebaute Grundstück teilweise oder in Gänze dem Unternehmensvermögen oder nur dem nichtunternehmerischen Privatbereich zugeordnet wird. Voraussetzung für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen ist, dass das Gebäude zumindest zu 10 % unternehmerischen Zwecken dient.

Die Zuordnungsentscheidung zum unternehmerischen und nichtunternehmerischen Vermögen ist aus Sicht der Finanzverwaltung spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer „zeitnah“ erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen zu dokumentieren. Dabei versteht die Finanzverwaltung unter „zeitnah“, dass die Zuordnung zum Unternehmensvermögen in einer spätestens am 31.07. des Folgejahres abgegebenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung, der aktuellen gesetzlichen Regelabgabefrist entsprechend, zu treffen ist (Abschnitt 15.2c Abs. 16 Satz 5 UStAE). Dem hat der BFH jedoch widersprochen und den Streitfall an das Finanzgericht zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen.

Nach dem Urteil des BFH vom 29.06.2022 – V R 4/20 reicht für die den Vorsteuerabzug voraussetzende Zuordnungsentscheidung aus, wenn anhand objektiver Anhaltspunkte der Steuerpflichtige innerhalb der Zuordnungsfrist der Finanzverwaltung einen Gegenstand dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, dem Finanzamt hierüber eine Mitteilung zukommen zu lassen, besteht nicht.

Quintessenz:

Die innerhalb der Frist bis zum 31.07. des Folgejahres dokumentierten objektiven Anhaltspunkte über die Zuordnung zum Unternehmensvermögen Als objektive Nachweise für die getroffene Zuordnungsentscheidung können, wie im Urteilsfall des BFH, z. B. Angaben im Fragebogen zur Feststellung des Einheitswertes dienen. In Betracht kommen aber auch außersteuerliche Dokumentationen, wie z. B. Finanzierungs- und Bankdokumente, Genehmigungsunterlagen, Verträge und ähnliches.

Ob die Entscheidung des BFH von der Finanzverwaltung angewendet wird, bleibt noch abzuwarten.

Der BFH hat mit Urteil vom 08.09.2022 – V R 26/21 entschieden, dass beim gelegentlichen Erwerb von Fahrzeugen durch einen Unternehmer, dessen Haupttätigkeit nicht den Fahrzeughandel umfasst, der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb nur dann gegeben ist, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet wird oder die wirtschaftliche Haupttätigkeit unmittelbar, dauernd und notwendig erweitert wird.

Mit Urteil vom 20.09.2022 – V R 29/20 hat der BFH das so genannte „Ehegatten-Vorschaltmodell“ für den Vorsteuerabzug gelten lassen. Erwirbt ein im Übrigen nicht unternehmerisch tätiger Ehegatte mit Eigenmitteln einen Pkw, den er zu fremdüblichen Bedingungen an den als Unternehmer (im Urteilsfall als Arzt) tätigen anderen Ehegatten verleast, ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Quintessenz:

Überlässt demnach ein Ehegatte dem anderen zu angemessenen Konditionen entgeltlich einen Pkw zur Nutzung für berufliche Zwecke (auch wenn dieser nur umsatzsteuerfreie Einnahmen als Arzt bezieht), ist dieser unternehmerisch tätig und kann die Vorsteuer aus der Pkw-Anschaffung geltend machen, vorausgesetzt, dass er wirtschaftlich unabhängig handelt, der Überlassung klare Vereinbarungen zugrunde liegen und tatsächlich entsprechend vollzogen werden und es sich auch nicht um ein der gemeinsamen Lebensführung dienendes Familienfahrzeug handelt, sondern überwiegend nur der beruflichen Nutzung des Mieter-/Leasingnehmer-Ehegatten dient.

Der BFH lässt gemäß Urteil vom 24.08.2022 – II R 14/20 zu, dass bei fehlendem sonstigem Vergleichswert im Vergleichswertverfahren auch der unter fremden Dritten zu marktüblichen Bedingungen zustande gekommene Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück als Vergleichswert herangezogen werden kann. In diesen Fällen kommt ein Rückgriff auf das Sachwertverfahren nicht in Betracht.

Anmerkung:

Im Urteilsfall hatte der Kläger seiner Tochter einen Betrag von € 920.000 zuzüglich Nebenkosten zum Erwerb eines bestimmten Grundstücks zugewendet. Mit den geschenkten Geldmitteln erwarb die Tochter eine Immobilie zum Kaufpreis von € 920.000. Es handelte sich aufgrund der Sachverhaltsgestaltung um eine mittelbare Grundstücksschenkung. Für Zwecke der Bewertung dieser Schenkung ermittelte der Kläger den Grundbesitzwert unter Anwendung des Sachwertverfahrens mit € 518.403. Das Finanzamt setzte hingegen den Wert der Schenkung im Vergleichswertverfahren mit € 920.000 fest. Vergleichspreise des Gutachterausschusses lagen nicht vor.

Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren angerufene Finanzgericht folgte dem Finanzamt. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts.

IV. Aus anderen Rechtsgebieten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 05.10.2022 – VIII ZR 117/21 die Kosten eines Dienstleisters im Zusammenhang mit der Kontrolle der Einhaltung der satzungsgemäßen Vorgaben für die Mülltrennung und für die bei fehlerhafter Abfalltrennung erfolgende Nachsortierung als auf den Mieter umlegbare Betriebskosten anerkannt. Ebenso sind die Kosten für die regelmäßig Prüfung und Sicherstellung der Betriebsbereitschaft von in den Mieträumen angebrachten Rauchwarnmeldern als sonstige Betriebskosten im Sinne von § 2 Nr. 17 BetrKV umlegbar.

Nach dem Urteil des Landessozialgerichts München vom 26.10.2022 – L 3 U 56/21 kann sich die für eine selbständige Tätigkeit sprechende Rechtsmacht des Geschäftsführers einer GmbH & Co. KG aus der Kommanditistenstellung oder aus einer beherrschenden Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft ergeben, die die Entscheidungen der GmbH & Co. KG maßgeblich beeinflussen kann.

Anmerkung:

Von einer selbständigen Tätigkeit ist versicherungsrechtlich auszugehen, wenn der Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG über die Rechtsmacht verfügt, sich Weisungen durch die Gesellschafterversammlung zu entziehen. Eine solche Rechtsmacht besteht nach dem vorstehenden Urteil bei einem Gesellschafter, der zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder dem nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende (echte oder qualifizierte), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Das war im Urteilsfall jedoch nicht gegeben.

Das Oberlandesgericht München vertritt mit Endurteil vom 25.10.2022 – 7 U 1785/18 die Auffassung, dass die Zahlungseinstellung die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet. Jedoch kann die Vermutung nicht auf eine Verbindlichkeit gestützt werden, die deshalb unbeglichen blieb, weil der Schuldner sie für unberechtigt hielt.

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