In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.
Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.
Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.
10.03.2022:
25.03.2022:
Die Schonfrist für die am 10.03.2022 fälligen Steuern endet am 14.03.2022.
Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.
Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat März 2022 ist der 29.03.2022.
11.04.2022:
25.04.2022:
Die Schonfrist für die am 11.04.2022 fälligen Steuern endet am 14.04.2022.
Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.
Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat April 2022 ist der 27.04.2022.
Die Ampel-Koalition hat am 23.02.2022 auf den ausufernden Anstieg der Energiepreise reagiert und beschlossen, ein Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg zu bringen. Neben Entlastungen zu den Stromabrechnungen und einer Einmalzahlung für besonders Bedürftige umfasst das Vorhaben vor allem auch folgende Steuererleichterungen, die rückwirkend ab dem 01.01.2022 gelten sollen:
Ein Gesetzentwurf ist noch nicht formuliert.
Nachdem der Referentenentwurf für ein Viertes Corona-Steuerhilfegesetz am 03.02.2022 veröffentlicht worden ist, hat das Bundeskabinett mit Datum vom 16.02.2022 den Regierungsentwurf beschlossen. Folgende Maßnahmen sind dabei vorgesehen.
Corona-Bonus für Pflegekräfte
Vom Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an in bestimmten Einrichtungen tätige Arbeitnehmer – insbesondere in Krankenhäusern – gewährte Sonderleistungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von € 3.000 steuerfrei gestellt (§ 3 Nr. 11b – neu – EStG) und werden auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II nicht angerechnet.
Dabei umfasst der Kreis der Anspruchsberechtigten in Bezug auf die Steuerbefreiung nicht nur Pflegekräfte, sondern auch weitere in Krankenhäusern sowie in Pflegeeinrichtungen und bei Pflegediensten tätige Arbeitnehmer, die im Entwurf näher bestimmt sind. Damit sind unter anderem in bestimmten Einrichtungen tätige Auszubildende, Freiwillige im Sinne des § 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und Freiwillige im Sinne des § 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes im freiwilligen sozialen Jahr eingeschlossen.
Der für die Begünstigung maßgebliche Auszahlungszeitraum ist der Zeitraum vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022. Die Vorschrift wird daher erstmals bereits im Veranlagungszeitraum 2021 angewendet.
Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld
Die steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld werden weiterhin steuerlich gefördert (§ 3 Nr. 28a EStG). Die durch das Corona-Steuerhilfegesetz eingeführte und bereits durch das Jahressteuergesetz 2020 verlängerte Regelung sieht in seiner aktuellen Fassung eine begrenzte und befristete Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld vor.
Die Befristung wird dabei um drei Monate verlängert. Die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.02.2020 beginnen und vor dem 01.07.2022 enden.
Diese Änderung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022.
Homeoffice-Pauschale
Die bereits bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert (§ 52 Abs. 6 Satz 15 EStG). Dies entspricht der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung.
Soweit ein Steuerpflichtiger nicht über ein häusliches Arbeitszimmer verfügt oder von der steuerlichen Abzugsfähigkeit der hierfür entstehenden Aufwendungen keinen Gebrauch macht, kann der Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von arbeitstäglich € 5 abziehen, höchstens € 600 im Wirtschafts- oder Kalenderjahr. Die Homeoffice-Pauschale wird jedoch in die Werbungskostenpauschale eingerechnet und nicht zusätzlich gewährt. Durch die Homeoffice-Pauschale nicht abgegolten sind die Aufwendungen für Arbeitsmittel, die ggf. gesondert als Werbungkosten abgesetzt werden können.
Degressive Abschreibung
Die durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz eingeführte degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert. Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 hergestellt oder angeschafft wurden, können somit mit dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung, maximal 25 %, abgeschrieben werden. Soweit die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, können daneben auch die Sonderabschreibungen gem. § 7g Abs. 5 EStG beansprucht werden.
Die Änderung gilt für den Veranlagungszeitraum 2022.
Die bereits diskutierte Super-Abschreibung, die als eine Form der Investitionsprämie Ausgaben für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter fördern soll, ist im Gesetzentwurf nicht enthalten.
Erweiterte Verlustverrechnung
Die bestehende erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert: Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf € 10 Mio. bzw. auf € 20 Mio. bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab dem Jahre 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet. Der Verlustrücktrag erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre (§ 10d Abs. 1 EStG).
Die alten Betragsgrenzen für den Verlustrücktrag (€ 1,0 Mio. bzw. € 2,0 Mio.) finden ab dem Veranlagungszeitraum 2024 wieder Anwendung.
Das bislang bestehende Wahlrecht, das gem. § 10d Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG darin bestand, dass der Verlustrücktrag auf Antrag begrenzt wird, wurde dagegen kassiert.
Die zeitliche Streckung des Verlustrücktrags auf zwei Jahre folgt der bisherigen Systematik: Der Rücktrag hat in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu erfolgen. Ist ein vollständiger Ausgleich der negativen Einkünfte in diesem Veranlagungszeitraum nicht möglich, erfolgt der Rücktrag insoweit in den zweiten, dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum.
Hat eine Veranlagung für den unmittelbar vorausgegangenen oder den zweiten vorausgegangenen Veranlagungszeitraum nicht stattgefunden, wird das Verlustabzugspotenzial gleichwohl nach der vorgenannten Systematik verbraucht. Wurde allerdings auf den Verlustrücktrag gem. § 10d Abs. 1 Satz 6 EStG verzichtet, dann wird der auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte verbleibende Verlustvortrag nicht gemindert.
Die Erweiterung des Verlustrücktrags gemäß § 10d Abs. 1 EStG gilt auch für die Körperschaftsteuer.
Investitionsfristen bei Investitionsabzugsbeträgen
Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die im Jahre 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert (§ 52 Abs. 16 Satz 3, 4 und – neu – Satz 5 EStG).
Die Investitionsabzugsbeträge sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden. Erfolgt die Investition nicht, sind sie rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 Satz 1 EStG). Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde die Frist für in 2017 und 2018 abgezogene Beträge um ein bzw. zwei Jahre auf vier bzw. fünf Jahre verlängert. Folglich sind begünstigte Investitionen auch noch in 2022 möglich. Die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige oder bereits verlängerte Investitionsfristen in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr auf vier, fünf oder sechs Jahre verlängert.
Investitionsfristen bei Reinvestitionen
Die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden ebenso, wie bei § 7g EStG um ein weiteres Jahr verlängert (§ 52 Abs. 14 Satz 4, 5 und Satz 6 – neu – EStG).
Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 28.03.2020 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und in diesem Zeitraum nach § 6b Abs. 3 Satz 5, Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 5 oder Abs. 10 Satz 8 EStG aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2024 endenden Wirtschaftsjahres.
Steuererklärungsfristen
Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang (§ 36 EStG). Geplant sind folgende Fristen:
bei Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe
Veranlagungszeitraum 2020: bis 31.08.2022 (Land- und Forstwirtschaft: 31.01.2023) = + 6 Monate,
Veranlagungszeitraum 2021: bis 30.06.2023 (Land- und Forstwirtschaft: 30.11.2023) = + 4 Monate,
Veranlagungszeitraum 2022: bis 30.04.2024 (Land- und Forstwirtschaft: 30.09.2024) = + 2 Monate.
Ohne Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe
Veranlagungszeitraum 2020: bis 31.10.2021 (Land- und Forstwirtschaft: Ende abweichendes. Wirtschaftsjahr + 10 Monate) = + 3 Monate,
Veranlagungszeitraum 2021: bis 30.09.2022 (Land- und Forstwirtschaft: Ende abweichendes Wirtschaftsjahr + 9 Monate) = + 2 Monate,
Veranlagungszeitraum 2022: bis 31.08.2023 (Land- und Forstwirtschaft: abweichendes Wirtschaftsjahr + 8 Monate) = + 1 Monat.
Die gesetzlich vorgesehenen Verlängerungen der Abgabefristen werden somit schrittweise wieder zurückgenommen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2023 gelten wieder die ursprünglichen Fristen.
Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt
Der beim Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt bestehende Registerbezug wird zur Umsetzung einer Vereinbarung mit der EU-Kommission vom Inland auf EU/EWR-Staaten erweitert (§ 41a Abs. 4 Satz 2).
Damit dient die erneute Änderung der Vorschrift der Umsetzung der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission vom 22.06.2021. Nach erfolgter Erteilung der Genehmigung findet das Gesetz zur Verlängerung des erhöhten Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt vom 12.05.2021 zwar Anwendung. Die EU-Kommission erteilte die Genehmigung allerdings mit der Maßgabe, dass das Erfordernis der Eintragung in einem Seeschiffsregister diskriminierungsfrei ausgestaltet wird. Die mit dem Gesetz vorgesehene Fassung entspreche nicht dieser Anforderung, da Eigner, deren Handelsschiffe in einem Register eines anderen EU- oder EWR-Staates eingetragen sind, benachteiligt seien, ohne dass es hierfür eine ausreichende Rechtfertigung gebe.
Die geänderte Regelung war daher schon bisher mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister die Eintragung in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der EU oder eines EWR-Staates tritt (vgl. Bekanntmachung des BMF v. 25.06.2021). Der so erweiterte Anwendungsbereich zur Registereintragung soll nun gesetzlich umgesetzt werden.
Die Regelungen gelten erstmals für laufenden Arbeitslohn, der für einen ab dem 01.06.2021 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die ab diesem Tag zufließen.
Das BMF hat den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung veröffentlicht. Das Gesetz sieht vor, dass der Zinssatz für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat, d. h. 1,8 % pro Jahr abgesenkt wird.
Damit käme der Gesetzgeber der Vorgabe des BVerfG nach, das die Verzinsung in der gesetzlichen Höhe von 0,5 % pro Monat als nicht verfassungskonform beurteilt und dem Gesetzgeber auferlegt hatte, für die Zeit ab dem 01.01.2019 eine neue, mit dem Grundgesetz vereinbare Zinsregelung zu schaffen.
Die nunmehr im Gesetzesvorhaben geplanten Maßnahmen sehen vor, dass neben der Zinsabsenkung auf 0,15 % pro Monat die Angemessenheit des Zinssatzes unter Berücksichtigung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Zinszeiträume, erstmals zum 01.01.2026, geprüft wird und darüber hinaus einzelne kleinere Regelungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen zeitnah an unionsrechtliche Vorgaben angepasst werden.
Anmerkung:
Die vorgesehene Zinsanpassung bezieht sich auf Nachzahlungs- und Erstattungszinsen. Nicht hiervon betroffen sind Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen, zu denen sich die zu der Gesetzesänderung führende Entscheidung des BVerfG nicht verhält.
Mit Datum vom 23.02.2022 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen, mit dem u. a. zum 01.10.2022 der Mindestlohn auf € 12,00 angehoben werden soll. Zudem soll die Minijob-Grenze auf € 520,00 steigen und wird künftig dynamisch an den Mindestlohn angepasst.
Damit wird künftig eine Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum Mindestlohn ermöglicht. Gleichzeitig wurden Maßnahmen getroffen, die der Aufnahme einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung förderlich sind.
Für die Beschäftigung im Übergangsbereich, d. h. im Midijob, wird die Höchstgrenze ab dem 01.10.2022 von monatlich € 1.300,00 auf € 1.600,00 angehoben. Die Beschäftigten werden innerhalb des Übergangsbereichs zudem noch stärker entlastet, indem der Belastungssprung beim Übergang aus einer geringfügigen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geglättet wird. Dies soll Anreiz dafür sein, über einen Minijob hinaus erwerbstätig zu sein. Oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze wird der Arbeitgeberbeitrag zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag reduziert.
Nach dem Urteil des EuGH vom 10.02.2022 C-9/20 entspricht es nicht Art. 167 MwSt-SystRL, wenn das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG auch dann bereits im Zeitpunkt der Ausführung einer beanspruchten Leistung entsteht, wenn der Leistende nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) besteuert. In einem solchen Fall soll nach der Entscheidung des EuGH der Vorsteuerabzug erst dann geltend gemacht werden können, wenn durch Vereinnahmung des Entgelts der Leistende seinerseits die Umsatzsteuer schuldet.
Anmerkung:
Damit steht das nationale Umsatzsteuergesetz insoweit nicht in Einklang mit dem europäischen Recht und muss geändert werden. Allerdings kann sich der Rechtsanwender auf das bestehende nationale Recht berufen, solange dieses Recht fortbesteht. Alternativ könnte der Rechtsanwender sich aber auch direkt auf die Entscheidung des EuGH berufen.
Vorbemerkung:
In der Regel setzt das Finanzamt im Rahmen der Feststellungsbescheide gewerblich tätiger Personengesellschaften die zu zahlende Gewerbesteuer i. S. des § 35 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 EStG nach § 155 Abs. 2 AO und § 162 Abs. 5 AO im Schätzungswege fest. Bekanntlich ist der vierfache Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags bei der tariflichen Einkommensteuer abzuziehen, maximal aber die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer. Da die Gewerbesteuerveranlagung der hebeberechtigten Gemeinde zeitlich erst nach Vorlage des Feststellungsbescheids erfolgt, ist die Prüfung und Beschränkung der Einkommensteuerermäßigung final erst dann möglich, wenn die Gewerbesteuerveranlagung vorliegt. Fraglich war im nachstehend wiedergegebenen Urteilsfall, ob eine nachträgliche Änderung des Feststellungsbescheids, aufgrund dessen die Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer erfolgt war, ermöglicht ist, wenn die Gewerbesteuerfestsetzung infolge Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden kann.
Nach dem Urteil des BFH vom 28.10.2021 – IV R 12/19 kann ein Feststellungsbescheid in dem Fall, in dem die zuständige Behörde die Festsetzung der Gewerbesteuer versäumt hat, weder nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 AO als Anpassung an einen Grundlagenbescheid noch gem. Nr. 2 der vorgenannten Korrekturvorschrift (rückwirkendes Ereignis) geändert werden.
Anmerkung:
Der BFH verneint eine Änderungsmöglichkeit zunächst deshalb, weil es an einem Grundlagenbescheid fehle, der erlassen oder geändert worden sei. Ebenso sei auch nicht der Fall eines rückwirkenden Ereignisses gegeben, wenn unterlassen wird, die Gewerbesteuer bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung festzusetzen. Denn weder der Eintritt der Festsetzungsverjährung noch das Unterlassen der Gewerbesteuerfestsetzung stellten ein rückwirkendes Ereignis dar. Diese Ereignisse führten nicht dazu, dass der für die Besteuerung maßgebliche Sachverhalt sich rückwirkend geändert habe. Das Erlöschen der Gewerbesteuerschuld mit Ablauf der Festsetzungsfrist wirke nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus § 155 Abs. 2 AO i. V. m. § 162 Abs. 5 AO. Seien die gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach § 155 Abs. 2 AO (als „Vorab-Folgebescheid“) angesetzt worden und komme es in der Folgezeit nicht zum Erlass eines Grundlagenbescheids, verbleibe es bei der auf Grundlage des § 155 Abs. 2 AO durchgeführten Steuerfestsetzung.
Mit Urteil vom 01.09.2021– II R 40/19 hat der BFH entschieden, dass eine ehevertragliche Regelung, die den Abfindungsanspruch eines Ehepartners ausschließlich für den Fall der Scheidung sowohl dem Grund als auch der Höhe nach definiert, keine freigiebige Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt. Solche Bedarfsabfindungen seien von ehevertraglichen Pauschalabfindung streng zu unterscheiden.
Anmerkung:
Im Urteilsfall entbrannte der Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Finanzamt wegen einer Zahlung, die sich auf einer vor Eheschließung getroffenen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem früheren Ehemann gründete. Vor Eheschließung wurde der gesetzliche Versorgungsausgleich ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt sowie der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Für den Fall der Scheidung war zugunsten der Klägerin ein indexierter Zahlungsanspruch vereinbart worden und dessen Berechnung vorgegeben. Die im Jahr 1998 geschlossene Ehe wurde 2014 geschieden und die Klägerin erhielt die vertraglich vereinbarte Zahlung. Das beklagte Finanzamt wertete dies als freigiebige Geldzuwendung und erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid. Einspruch und anschließende Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht München bestätigte mit Urteil v. 02.05.2018 - 4 K 3181/16 die Auffassung des beklagten Finanzamts und verwies zur Begründung auf die fehlende Gegenleistung der Klägerin. Auf die Revision der Klägerin hob der II. Senat des BFH das Urteil des Finanzgerichts München, die Einspruchsentscheidung des beklagten Finanzamts sowie den ursprünglichen Schenkungsteuerbescheid auf.
Nach der Entscheidung des BFH modifiziere die streitgegenständliche ehevertragliche Vereinbarung einerseits die gesetzlichen familienrechtlichen Ansprüche und stelle andererseits keine singuläre Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem zwischenzeitlich geschiedenen Ehemann dar. Sie sei demgegenüber Bestandteil einer Gesamtvereinbarung, mit der die Rechtsfolgen einer Eheschließung und deren möglichen Beendigung durch eine Scheidung geregelt waren. Dies verbiete aus Sicht des II. Senats eine isolierte Betrachtung der Abfindungszahlung. Ergänzend weist der II. Senat des BFH darauf hin, dass der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch deshalb nicht erfüllt sei, weil es am subjektiven Willen zur Freigiebigkeit mangele. So habe das Finanzgericht München auf der Tatsachenebene festgestellt, dass der Ehevertrag aus Sicht des Ehemanns dazu diente, das eigene Vermögen vor unwägbaren finanziellen Verpflichtungen in Folge einer Scheidung zu schützen. Damit grenzt der BFH die Bedarfsabfindung von einer schenkungsteuerlichen Pauschalabfindung, die im Vorfeld der Eheschließung vereinbart und geleistet wird, ab.
Vorbemerkung:
Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich gem. § 13a Abs. 3 Satz 5 ErbStG der zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in dem prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.
Im Hinblick auf die Corona-Krise hat die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung erlassen.
Nach den gleich lautenden Erlassen vom 30.12.2021 – S 3812a kann auf eine sonst fällige Nacherhebung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer insbesondere verzichtet werden, soweit die tatsächliche Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen nach § 13a Abs. 3 Satz 6 bis 13 ErbStG, in welche Lohnsummen aus dem Zeitraum 01.03.2020 bis 30.06.2022 einbezogen wurden, die Mindestlohnsumme ausschließlich aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie unterschreitet und es allein deshalb zu einer Nachversteuerung kommt oder kommen würde oder ein Erlass nach § 28a Abs. 1 ErbStG gem. § 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit wegfällt.
Vorbemerkung:
Bis zum Inkrafttreten des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG i. d. F. des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz - StUmgBG ) unterlagen nur Abfindungen für Verzichte auf entstandene Pflichtteilsansprüche, aufgrund der Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzspruchs oder eines Vermächtnisses gegen Abfindung oder für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag des Erblassers zugunsten eines Dritten auf den Todesfall der Erbschaftsteuer. Erbprätendenten (Anspruchsteller, die behaupten, Erbe zu sein) und die an diese zu zahlenden Abfindungen fielen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Der Gesetzgeber hatte darauf reagiert und die Aufzählung der steuerpflichtigen Tatbestände um weitere Alternativen ergänzt. Nach § 37 Abs. 14 ErbStG ist die neue Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG auf Erwerbe anzuwenden, bei denen die Steuer nach dem 24.06.2017, dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung, entsteht.
In der nachfolgend wiedergegebenen Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt vor: Der Kläger hatte erst im November 2017 einen Vergleich geschlossen, mittels dessen er auf Einwendungen gegen einen Erbvertrag verzichtete und für den er eine Abfindung erhielt. Dies geschah offensichtlich im Vertrauen darauf, dass die Abfindung nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte mit Urteil v. 01.12.2021 - 4 K 2803/19 Erb (nv) die Klage abgewiesen; die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos.
Der BFH hat mit Beschluss vom 01.12.2021 – II B 34/21 eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und klargestellt, dass Abfindungen für den Verzicht auf eine behauptete Erbenstellung von § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG i.d.F. des StUmgBG erfasst werden, wenn der Verzicht nach dem 24.06.2017 erklärt wird.
Mit Schreiben v. 31.01.2022 – IV A 3 – S 0336/20/10001 hat das BMF eine nochmalige Verlängerung der verfahrensrechtlichen Corona-Hilfsmaßnahmen erlassen. Danach wird u. a. die Möglichkeit, für bis zum 31.03.2022 fällige oder fällig werdende Steuern im vereinfachten Verfahren eine zinslose Stundung bzw. einen Vollstreckungsaufschub zu beantragen, verlängert.
Im Ergebnis der Konferenz der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler (MPK) wurde am 16.02.2022 eine Verlängerung der Corona-Wirtschaftshilfen bis zum 30.06.2022 beschlossen.
Nach diesem Beschluss werde die Überbrückungshilfe IV als zentrales Corona-Hilfsinstrument bis zum 30.06.2022 verlängert. Die ergänzenden Programme Neustart- und Härtefallhilfen würden parallel zur Überbrückungshilfe IV verlängert. Bund und Länder würden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den kriminellen Missbrauch der Wirtschaftshilfen zu verhindern. Die Länder würden auch aufgrund der hierzu vorliegenden Daten über den Förderzeitraum hinaus ausreichende organisatorische und personelle Ressourcen zur Aufklärung und Verfolgung mutmaßlicher Straftaten bereitstellen. Ebenfalls verlängert würden die Hilfen des Sonderfonds Kulturveranstaltungen. Die Anpassung der FAQ soll auf den Internetseiten des BMWi in Kürze erfolgen.
Nach der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 09.02.2022 wird die Bezugsdauer für das Kurarbeitergeld befristet bis zum 30.06.2022 auf bis zu 28 Monate verlängert. Da Betriebe, die seit Anfang der Pandemie im März 2020 durchgehend in Kurzarbeit seien, die maximale Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld von derzeit 24 Monaten schon im Februar 2022 ausschöpften, soll die Verlängerung der Bezugsdauer rückwirkend zum 01.03.2022 in Kraft treten.
Zusätzlich würden von den bisherigen pandemiebedingten Sonderregelungen bis zum 30.06.2022 fortgeführt:
Die Sozialversicherungsbeiträge werden demnach des Weiteren den Arbeitgebern nach dem 31. März 2022 weiter zur Hälfte erstattet, wenn die Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden wird.
Nach der nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 22.12.2021 – 12 O 34/21 dürfen Banken für die Verwahrung von Einlagen auf Girokonten kein gesondertes Entgelt berechnen.
Im Urteilsfall hatte eine Volksbank im April 2020 für Neukunden ein Verwahrentgelt eingeführt, wonach für Einlagen über € 10.000 ein Entgelt von 0,5 % p. a. erhoben wurde. Gegen die entsprechende Klausel im Preisaushang klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Das Gericht entschied, dass ein Kreditinstitut neben Kontoführungsgebühren kein Verwahrentgelt berechnen dürfe, dies sei mit den gesetzlichen Regelungen zum Girovertrag nicht vereinbar. Die Geldverwahrung sei Voraussetzung für die vereinbarten Zahlungsdienstleistungen und damit dem Girovertrag immanent. Sie stelle nicht eine zusätzlich angebotene Sonderleistung dar, die ein Kunde annehmen könne oder nicht. Zudem berechne die Bank für ihre Girokonten bereits eine Kontoführungsgebühr. Durch ein zusätzliches Verwahrentgelt müssten Verbraucher für eine einheitliche Leistung eine doppelte Gegenleistung erbringen.
Anmerkung:
Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig und kann in der 2. Instanz aufgehoben werden. Die Volksbank hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sollte das Urteil jedoch Bestand haben, so können Kunden, die aufgrund der streitgegenständlichen Klausel in der Vergangenheit unzulässige Strafzinsen an die Volksbank bezahlt haben, diese ggf. zurückverlangen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.01.2022– 5 AZR 271/21 entschieden, dass Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben.