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Rundschreiben VIII/2022

|   2022

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

 

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

 

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

12.09.2022:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

26.09.2022:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 12.09.2022 fälligen Steuern endet am 15.09.2022.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat September 2022 ist der 28.09.2022.

10.10.2022:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

25.10.2022:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.10.2022 fälligen Steuern endet am 13.10.2022

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Oktober 2022 ist der 27.10.2022.

II. Aus der Gesetzgebung

Am 21.07.2022 ist das das Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung v. 12.07.2022 im BGBl. 2022 I Seite 1142 f. verkündet worden. Der Zinssatz für Steuernachforderungen oder Steuerguthaben nach §§ 238, 233a AO wurde auf monatlich 0,15 % (entspricht einem Jahreszins von 1,8 %) mit Wirkung ab dem 01.01.2019 herabgesetzt.

Das BMF hat mit Schreiben vom 22.07.2022 (IV A 3 – S 0338/10004:007) die für die Finanzverwaltung geltenden Grundsätze hinsichtlich der Anwendung des Gesetzes veröffentlicht.

Insbesondere wird für die Fälle, in denen es bisher zu Erstattungszinsen auch für Zeiten ab dem 01.01.2019 auf Grundlage des Zinssatzes von 6 % kam, ausgeführt, dass aufgrund der Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO durch die gesetzliche Neuregelung keine Rückforderung durch die Finanzverwaltung erhoben werden kann. Dagegen sind Nachzahlungszinsen im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten auf Grundlage des ab 01.01.2019 maßgeblichen Zinssatzes neu zu berechnen und geänderte Zinsfestsetzungen zu erlassen.

Kam es sowohl zu (zu hohen) Erstattungszinsen als auch zu (zu hohen) Nachzahlungszinsen (Mischfall), gilt ebenfalls die Vertrauensschutznorm des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO mit der Folge, dass der Saldo aus neu berechneten Erstattungszinsen und Nachzahlungszinsen zu keiner Verschlechterung für den Steuerpflichtigen führen darf.

Das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28.06.2022 ist am 30.06.2022 (BGBl 2022 I S. 969 ff.) verkündet worden.

Mit dem Gesetz ist die Höhe des Mindestlohns ab dem 01.10.2022 auf brutto € 12 je Zeitstunde festgelegt worden. Zudem ändert Art. 7 des Gesetzes § 8 SGB IV und § 8a SGB IV. Die Geringfügigkeitsgrenze beträgt nicht mehr „im Monat € 450“, sondern wird durch eine dynamische „Geringfügigkeitsgrenze“ ersetzt (§ 8 Abs. 1a und 1b SGB IV). Sie beträgt das 130-Fache des Mindestlohns dividiert durch 3, folglich ab dem 01.10.2022 € 520. Das gilt entsprechend § 8a SGB IV auch für Privathaushalte. Die neue Grenze greift über § 40a Abs. 2 EStG auf die Minijob-Besteuerung durch (Pauschallohnsteuer von 2 %), für die ab dem 01.10.2022 ebenfalls die Grenze von € 520 gilt.

Nach der Pressemitteilung vom 01.07.2022 hat die Europäische Kommission am 01.07.2022 beschlossen, die Einfuhr von Lebensmitteln, Decken, Zelten, Stromgeneratoren und anderen lebensrettenden Ausrüstungsgegenständen, die für vom Krieg betroffene Ukrainerinnen und Ukrainer bestimmt sind, vorübergehend von Eingangsabgaben und Mehrwertsteuer (MwSt) zu befreien. Die Befreiung kommt für Waren in Betracht, die von staatlichen Organisationen, öffentlichen Einrichtungen und Einrichtungen des öffentlichen Rechts, Krankenhäusern, Regierungsorganisationen, Regionalregierungen, Gemeinden, Städten usw. und von in den Mitgliedstaaten anerkannten Organisationen der Wohlfahrtspflege eingeführt und geliefert werden. Diese Maßnahme soll rückwirkend ab dem 24.02.2022 bis zum 31.12.2022 gelten.

Eine der Kernvorschriften des geänderten Personengesellschaftsrechts in der Fassung des Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetzes – MoPeG vom 10.08.2021, BGBl 2021 I S. 3436 ff. ist § 713 BGB n.F.:

„Die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten sind Vermögen der Gesellschaft.“

Rechtsfähigen Gesellschaften wird ab dem 01.01.2024 das Gesellschaftsvermögen als eigenes Vermögen zugerechnet. Dagegen ist gegenwärtig noch das Gesellschaftsvermögen gem. § 718 BGB a. F. als gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter definiert.

Das Gesamthandsprinzip wird damit aufgegeben und erste, bisher wohl noch nicht erkannte steuerliche Implikationen treten auf.

So ist in §§ 5, 6 GrEStG die Nichterhebung von Grunderwerbsteuer in bestimmten Fällen des Übergangs von Grundstücken von Gesellschaftern auf die Gesamthand bzw. der Übergang von der Gesamthand auf die Gesellschafter geregelt.

Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU hat die Bundesregierung geantwortet, dass sie es für erforderlich halte, das GrEStG an das MoPeG anzupassen; derzeit seien die Überlegungen noch nicht abgeschlossen (BT-Drucks. 20/2407 v. 20.06.2022).

III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

Das Hessische Finanzgericht hat mit Urteil vom 26.01.2022 – K 844/20 entschieden: Im Zusammenhang mit dem Formwechsel einer GmbH & Co. KG in eine Kapitalgesellschaft gehen die für Kommanditisten festgestellten verrechenbaren Verluste im Sinne von § 15a EStG unter.

Veräußern die Gesellschafter später die Anteile an der Kapitalgesellschaft, können die ungenutzten verrechenbaren Verluste nicht mit dem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn verrechnet werden.

Anmerkung:

Die Verluste wären im Rahmen des Formwechsels ggf. noch nutzbar gewesen, wenn die Personengesellschaft über stille Reserven verfügt hätte. Es wäre in diesem Fall möglich, von dem Bewertungswahlrecht gem. § 25 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG Gebrauch zu machen und in Höhe der Verluste stille Reserven aufzudecken. Hierdurch hätten sich die Anschaffungskosten für die Anteile an der Kapitalgesellschaft erhöht.

Vorbemerkung:

Nach § 20 Abs. 6 UmwStG kann die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft auf einen steuerlichen Übertragungsstichtag rückwirkend bezogen werden, der längstens 8 Monate vor dem Zeitpunkt der Anmeldung der Einbringung beim Handelsregister liegt (Rückwirkungszeitraum). Fraglich war im nachstehend wiedergegebenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), ob Gewinnausschüttungen im Rückwirkungszeitraum als Kapitalerträge zu behandeln sind, die Kapitalertragsteuer entstehen lassen.

Nach dem BFH-Urteil vom 12.04.2022 – VIII R 35/19 stellt eine Gewinnausschüttung, die eine durch Einbringung eines Einzelunternehmens nach § 20 UmwStG gegründete Kapitalgesellschaft im Rückwirkungszeitraum vornimmt, nach § 20 Abs. 5 UmwStG 2006 keinen Kapitalertrag dar, sondern eine die Anschaffungskosten für die Anteile des Einbringenden mindernde Entnahme. Für den Fall, dass der Steuerpflichtige zunächst Kapitalertragsteuer abgeführt hat, kann er seine eigene Kapitalertragsteuer-Anmeldung unabhängig von dem Recht, sie gem. § 44b Abs. 5 Satz 1 EStG zu ändern, anfechten, um die Rückerstattung der geleisteten Kapitalertragsteuer zu bewirken.

Nach dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26.03.2022 – 2 K 130/20 stellt die Ausbildung zum Berufspiloten eine Erstausbildung dar, wenn vor dieser Ausbildung ein Steuerpflichtiger sich über ein 20-monatiges Praktikum die erforderlichen Kenntnisse für die Tätigkeit als Veranstaltungstechniker aneignet und auch auf diesem Gebiet anschließend selbständig tätig wird. Dem liegt die Würdigung zugrunde, dass das Berufspraktikum als Veranstaltungstechniker keine Erstausbildung war. Die Kosten der nachfolgenden Ausbildung zum Berufspiloten konnten daher nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Anmerkung:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, der BFH hat die Revision zugelassen. Es wird daher interessant sein zu erfahren, ob der BFH in ähnlich gelagerten Fällen bei selbständiger Tätigkeit ohne festgelegte Ausbildungsregeln eine Erstausbildung anerkennt.

Nach dem BFH-Urteil vom 08.03.2022 – VI R 19/20 sind Aufwendungen eines angestellten Geschäftsführers zur Tilgung von Haftungsschulden auch insoweit als Werbungskosten bei dessen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar, als die ihn treffende Haftung auf nicht abgeführte Lohnsteuer entfällt, die auf seinen eigenen Arbeitslohn als Geschäftsführer angefallen war.

Vorbemerkung:

In der Vergangenheit waren Gestaltungen anzutreffen, in denen Steuerpflichtige, die ihren Gewinn anhand einer Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, hohe Leasing-Sonderzahlungen für PKW-Leasingverträge geleistet haben. Durch die Leasingsonderzahlung vermindern sich in den Folgejahren die monatlichen Leasingraten. Im Folgejahr nach Zahlung der Leasingsonderzahlung, d. h. im ersten laufenden Jahr, wird zunächst die so genannte 1 %-Regel für die Versteuerung der privaten Kfz-Nutzung angewendet. Zum Jahresende erfolgt die Prüfung, wie hoch die gesamten PKW-Kosten waren. Der Wert der privaten Nutzung ist auf diesen Betrag begrenzbar (Kostendeckelung). Wenn durch die hohe Leasingsondervorauszahlung die steuerlich relevanten PKW-Kosten erheblich gesenkt werden, kann über die Kostendeckelung der Wert der privaten PKW-Nutzung unter dem Wert nach der 1 %-Regel liegen. Hiervon wurde in der Vergangenheit ausgegangen.

Im nachfolgend wiedergegebenen Verfahren hat die Finanzverwaltung einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der steuerlichen Würdigung aufgrund der Entscheidung des BFH erreicht.

Der BFH entschied mit Urteil vom 17.05.2022 – VIII R 26/20, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn bei Anwendung der Billigkeitsregelung zur Kostendeckelung im BMF-Schreiben vom 18.11.2009 (BStBl I 2009, 1326, Rz. 18) für Zwecke der Berechnung der Gesamtkosten eines genutzten Leasingfahrzeugs eine bei Vertragsschluss geleistete Leasingsonderzahlung auch dann periodengerecht auf die einzelnen Jahre des Leasingzeitraums verteilt wird, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.

Quintessenz:

Bei der Ermittlung der PKW-Kosten ist die Leasingsonderzahlung periodisiert einzubeziehen. Die niedrigere Leasingrate wird hierdurch – für Zwecke der Ermittlung der Kostendeckelung – wieder angehoben. Damit verpufft der bisher erlangte Effekt.

Der BFH hat mit Urteil vom 21.04.2022 – V R 39/21, nv die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt: Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria durch ein Altersheim sind nicht gem. § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG umsatzsteuerfrei, da der Betrieb der Cafeteria nicht für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner unerlässlich ist. Dies gilt zumindest dann, wenn die Heimbewohner im Altersheim bereits eine umfassende Verpflegung erhalten, die auch einen Nachmittagssnack einbezieht.

IV. Aus anderen Rechtsgebieten

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 12.05.2022 – 3Wx 3/22 entschieden: Bei der Kapitalerhöhung der UG auf das Mindeststammkapital der regulären GmbH von 25.000 € oder mehr müssen auf das Stammkapital insgesamt wenigstens 12.500 € eingezahlt sein.

Anmerkung:

Nach § 56a i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist auf die Kapitalerhöhung dem Wortlaut nach die Einzahlung von einem Viertel des Erhöhungsbetrags erforderlich. Soweit jedoch aus der Summe der schon eingezahlten Einlagen und des Erhöhungsbetrags nicht die Hälfte des für eine GmbH erforderlichen Mindeststammkapitals vorhanden ist, muss mehr als nur ein Viertel auf den Kapitalerhöhungsbetrag eingezahlt werden.

Nach dem Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 25.05.2022 – 4 U 310/19 kann der Insolvenzverwalter Dividendenzahlungen an Aktionäre nach rechtskräftiger Nichtigerklärung des der Auszahlung zugrunde liegenden Gewinnverwendungsbeschlusses anfechten (§ 134 InsO). Die Vorschrift des § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG, der die Haftung der Aktionäre für die Rückgewähr von zu Unrecht erhaltenen Gewinnanteilen nur bei Vorsatz oder fahrlässigem Nichtwissen fehlender Bezugsberechtigung beschränkt, steht einem entsprechenden Rückforderungsanspruch auch gegenüber gutgläubigen Aktionären nicht entgegen.

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